FG Münster, Urteil v. 7.12.2010, 15 K 3110/06 U – rechtskräftig

Tatbestand:

Streitig ist im Rahmen der Umsatzsteuer(USt)-Festsetzungen für 2000 bis 2003, ob Umsätze, die der Kläger im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art (BgA) durch Auftragsforschung erzielt hat, gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

Der Kläger, das Land Nordrhein-Westfalen, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, errichtete mit Bekanntmachung des Ministers Z vom 00.00.0000 (…) das Institut “Y” mit Sitz in H (Bezeichnung in den Streitjahren: “…”, im Folgenden jeweils “Y”). Das Y war in den Streitjahren eine Einrichtung des Landes im Sinne des § 14 des Landesorganisationsgesetzes Nordrhein-Westfalen (LOG NRW). Nach § 6 Abs. 1 und 2 der in den Streitjahren geltenden Institutsordnung (Bekanntmachung des Ministerpräsidenten vom 00.00.0000, …) wurde das Y von einer Präsidentin oder einem Präsidenten geleitet, die oder der das Land für den Geschäftsbereich des Instituts vertrat, wobei sich der Ministerpräsident vorbehielt, die Vertretung im Einzelfall selbst zu übernehmen. Mit Bekanntmachung des Ministeriums X des Landes Nordrhein-Westfalen (X) vom 00.00.0000 wurde das Y mit Wirkung zum 31.12.2006 als Einrichtung des Landes im Sinne des § 14 LOG NRW aufgelöst und in die Universität E sowie in die Fachhochschule H eingegliedert. Zwischen dem X und den beiden Hochschulen bestand dabei nach einem von dem Kläger eingereichten Eckpunktepapier vom 01.09.2006 Einvernehmen darüber, dass eine eventuelle Steuerschuld des Y aus Drittmittelprojekten von den Hochschulen nicht übernommen werden sollte.

Das Y war nach § 1 Abs. 1 der Institutsordnung eine Forschungseinrichtung, die in besonderem Maße der Förderung des Arbeits- und Wirtschaftlebens diente. Der Forschungsauftrag des Instituts wurde dabei durch einen jährlich fortzuschreibenden Forschungs- und Entwicklungsplan bestimmt, den die Präsidentin oder der Präsident des Y erstellten und der jeweils der Zustimmung des Ministerpräsidenten bedurfte (§ 2 Abs. 1 der Institutsordnung). Das Institut konnte nach § 3 der Institutsordnung auch Forschungs-, Entwicklungs- und Beratungsaufträge der Landesregierung übernehmen sowie aus Drittmitteln finanzierte Forschung durchführen, soweit diese der Aufgabenstellung des Instituts entsprach.

In den Streitjahren war das Y sowohl in der Grundlagen- als auch in der Auftragsforschung tätig. Finanziert wurde das Institut überwiegend durch Zuwendungen der Europäischen Union, des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen. Darüber hinaus erzielte es Einnahmen durch die Auftragsforschung sowie durch wirtschaftliche Tätigkeiten ohne Forschungsbezug.

Im Einzelnen erzielte das Y in den Streitjahren folgende Einnahmen (brutto):

2000 2001 2002 2003
Einnahmen Auftragsforschung xxx DM xxx DM xxx EUR xxx EUR
Einnahmen aus sonstigen wirtschaftlichen Tätigkeiten ohne Forschungsbezug xxx DM xxx DM xxx EUR xxx EUR
Gesamtsumme der institutionellen Förderung der Europäischen Union, des Bundes und des Landes xxx DM xxx DM xxx EUR xxx EUR
Anteil der Zuwendungen der öffentlichen Hand an den Gesamteinnahmen 91,18 % 86,75 % 81,86 % 63,54 %

Das Y reichte in den Jahren 2001 bis 2004 USt-Erklärungen für die Streitjahre ein, in denen es mit Ausnahme eines steuerpflichtigen Eingangsumsatzes im Jahr 2003 keine Umsätze erklärte. Die Frage, ob und mit welchem Steuersatz die Umsätze des Y aus dem Bereich Auftragsforschung umsatzsteuerpflichtig sind, wurde zu dieser Zeit bereits seit mehreren Jahren (seit 1991) unter Beteiligung des X und des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums mit dem Beklagten besprochen.

Am 22.07.2005 reichte das Y geänderte USt-Erklärungen für die Streitjahre ein. Darin wurden die Umsätze aus den wirtschaftlichen Tätigkeiten ohne Forschungsbezug als zum Regelsteuersatz steuerpflichtige Leistungen und die Umsätze aus dem Bereich Auftragsforschung als zum ermäßigten Steuersatz steuerpflichtige Leistungen erklärt.

Daraufhin führte der Beklagte am 02.08.2005 eine USt-Sonderprüfung bei dem Y durch. In seinem Bericht vom selben Tage führte der Prüfer aus: Das Y sei eine Einrichtung des Landes im Sinne des § 14 LOG NRW und damit Teil der juristischen Person des öffentlichen Rechts “Land Nordrhein-Westfalen”. Tätigkeiten des Y, die die Voraussetzungen eines Betriebs gewerblicher Art (BgA) im Sinne des § 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) erfüllten, seien dem Kläger als Unternehmer zuzurechnen. Dies treffe im Streitfall sowohl auf die Umsätze aus den wirtschaftlichen Tätigkeiten ohne Forschungsbezug als auch auf die Umsätze aus dem Bereich Auftragsforschung zu. Der Bereich Auftragsforschung sei dabei nicht als Zweckbetrieb anzusehen, sodass abweichend von den USt-Erklärungen sämtliche Umsätze mit dem Regelsteuersatz zu besteuern seien.

Am 22.08.2005 erließ der Beklagte auf Grundlage der Prüfungsfeststellungen USt-Bescheide für die Streitjahre, in denen er die USt für 2000 auf xxx EUR, für 2001 auf xxx EUR, für 2002 auf xxx EUR, für 2003 auf xxx EUR festsetzte. Adressiert waren diese Bescheide an das Land Nordrhein-Westfalen, z. Hd. Herrn M, A-Straße …, 00000 H, als gesetzlicher Vertreter für Y, A-Straße …, 00000 H.

Gegen diese Bescheide legte das Y mit Schreiben vom 13.09.2005 Einspruch ein. Zur Begründung führte es aus: Das X habe das Y angewiesen, gegen die USt-Bescheide Einspruch einzulegen. Es gebe auf politischer Ebene Initiativen, Forschungsinstituten wie dem Y die Gemeinnützigkeit wieder zuzuerkennen. Im Übrigen sei noch ungeklärt, ob als Träger der Einrichtung der isoliert zu betrachtende BgA “Auftragsforschung” oder das Institut in seiner Gesamtheit anzusehen sei.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 23.06.2006 zurück. Adressiert war diese Einspruchsentscheidung an das Land Nordrhein-Westfalen, z. Hd. des Präsidenten des Y, A-Straße …, 00000 H. Als Einspruchsführer wurde das Y, vertreten durch den Präsidenten, aufgeführt.

Zur Begründung seiner Einspruchsentscheidung führte Beklagte aus: Der Bereich der Auftragsforschung sei kein Zweckbetrieb im Sinne des § 68 Nr. 9 der Abgabenordnung (AO), da sich der Träger dieses Tätigkeitsbereichs nicht überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziere. Als Träger des Zweckbetriebes komme im Streitfall nur der BgA Auftragsforschung selbst in Betracht. Das Y sei als juristische Person des öffentlichen Rechts nicht unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig und könne daher – unabhängig von dem Vorliegen einer Satzung – nicht im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG gemeinnützig tätig werden. Der somit für das Vorliegen der Finanzierungserfordernisse des § 68 Nr. 9 AO maßgebliche BgA Auftragsforschung finanziere sich aber nicht aus öffentlichen Mitteln, sondern ausschließlich aus den Einnahmen der entgeltlichen Auftragsforschung. Die öffentlichen Zuwendungen, die das Y erhalte, könnten insoweit nicht berücksichtigt werden, da sie der steuerlich nicht relevanten hoheitlichen Tätigkeit zuzurechnen seien.

Daraufhin hat das Y, vertreten durch seinen Präsidenten, am 18.07.2006 die vorliegende Klage erhoben. Mit Schreiben vom 12.12.2006 hat der Kläger erklärt, dass er das Klageverfahren nach Auflösung des Y als Einrichtung des Landes im Sinne des § 14 LOG NRW als Rechtsnachfolger fortführen werde. Die Rechtsnachfolge ergebe sich daraus, dass das Y – abgesehen vom Steuerrecht – kein Rechtssubjekt sei und er – der Kläger – somit Bezugspunkt sämtlicher Rechte und Pflichten des Instituts sei.

Zur Begründung der Klage wird vorgetragen: Entgegen der Auffassung des Beklagten seien die Voraussetzungen des § 68 Nr. 9 AO im Streitfall erfüllt. Denn “Träger” des Zweckbetriebs sei nicht der BgA, sondern das Y in seiner Eigenschaft als Einrichtung des Landes Nordrhein-Westfalen. Das Y sei insoweit auch Aufgriffseinheit der Besteuerung. Ihm würden die im Rahmen des BgA ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeiten zugerechnet. Damit könnten auch die Zuwendungen, die das Y aus öffentlichen Mitteln erhalte, in die Prüfung des § 68 Nr. 9 AO einbezogen werden.

Dass als Träger des Zweckbetriebs nicht der BgA, sondern die dahinter stehende juristische Person des öffentlichen Rechts anzusehen sei, ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des § 68 Nr. 9 AO. Danach seien Zweckbetriebe auch Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, deren Träger sich überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter oder aus der Vermögensverwaltung finanzierten. Die Formulierung “deren Träger” lasse dabei nur den Rückschluss zu, dass der potentiell als Zweckbetrieb zu qualifizierende BgA oder wirtschaftliche Geschäftsbetrieb eine von dessen Träger zu unterscheidende Einheit darstelle. Träger im Sinne des § 68 Nr. 9 AO könne danach nur die rechtliche Einheit sein, die die Forschungseinrichtung betreibe. Als Betreiber sei dabei derjenige anzusehen, der die Tätigkeit der von ihm betriebenen Einrichtung leitend steuere. Dies könne im Streitfall aber nur das Y sein. Nur dieses sei eine rechtlich verselbständigte Einheit. Der BgA existiere dagegen außerhalb des Steuerrechts nicht. Daher würden auch sämtliche Handlungen des BgA Auftragsforschung unter dem Briefkopf des Y vorgenommen.

Dieses Wortlautverständnis füge sich auch nahtlos in die Systematik der Besteuerung der öffentlichen Hand ein. Der BgA werde auch im Körperschaftsteuerrecht als nicht steuerrechtsfähiges, organisatorisch in eine andere Struktur eingegliedertes Objekt der Gewinnermittlung angesehen. Soweit der BgA für Zwecke der Gewinnermittlung – und nur dafür – wie eine eigenständige Körperschaft behandelt werde, diene dieses Gedankenmodell allein der sachgerechten Ermittlung der Höhe der erzielten Einkünfte. Die auf diese Weise ermittelten Einkünfte des BgA würden jedoch – auch nach Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. H 6 KStH 2004) – der juristischen Person des öffentlichen Rechts zugerechnet, die als Träger des BgA für jeden ihrer Betriebe Subjekt der Körperschaftsteuer sei.

Auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) sei die von dem Beklagten vorgenommene Auslegung der Norm bedenklich, da die mit dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG begründete Gleichsetzung des Trägers und der Forschungseinrichtung bei Betrieben gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts zwangsläufig zur Folge habe, dass die Finanzierungserfordernisse des § 68 Nr. 9 AO nicht erfüllt werden könnten, weil sich die Forschungseinrichtung “Auftragsforschung” bei isolierter Betrachtung stets zu 100 % durch die mit der Auftragsforschung erzielten Einnahmen finanziere. Bei juristischen Personen des Privatrechts sei § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG dagegen nicht einschlägig, sodass nach Lesart der Finanzverwaltung die juristische Person Träger der Forschungseinrichtung im Sinne des § 68 Nr. 9 AO sei und damit die Finanzierungserfordernisse in eigener Person erfüllen könne.

Der Kläger beantragt,

die USt-Bescheide für 2000 bis 2003 vom 22.08.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.06.2006 dahingehend zu ändern, dass die USt für 2000 auf xxx EUR für 2001 auf xxx EUR für 2002 auf xxx EUR und für 2003 auf xxx EUR herabgesetzt wird,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung vom 23.06.2006.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die USt-Bescheide für 2000 bis 2003 vom 22.08.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.06.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Der Kläger muss die in den Streitjahren durch die Tätigkeiten des Y im Bereich der Auftragsforschung erzielten Umsätze zum Regelsteuersatz versteuern.

Durch die Leistungen, die das Y im Bereich der Auftragsforschung gegen Entgelt erbracht hat, wurden in den Streitjahren unstreitig steuerpflichtige Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG erzielt. Diese Umsätze sind dem Kläger, der insoweit einen BgA betreibt, zuzurechnen.

Der Kläger ist als juristische Person des öffentlichen Rechts im Rahmen seiner Betriebe gewerblicher Art unternehmerisch tätig (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG), wobei ihm Tätigkeiten seiner unselbständigen Einrichtungen als eigene zuzurechnen sind (vgl. hierzu z.B. Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Tz. 838; Birkenfeld, Das große Umsatzsteuerhandbuch, § 46 Tz. 176). Zu den unselbständigen Einrichtungen des Klägers gehörte in den Streitjahren auch das Y. Dieses Institut war keine juristische Person des öffentlichen Rechts, sondern als Einrichtung des Landes im Sinne des § 14 LOG NRW ein rechtlich nicht verselbständigter Teil des Klägers. Dies wird auch an den in der Institutsordnung vorgesehenen Vertretungsregelungen deutlich (Bekanntmachung des Ministerpräsidenten vom 00.00.0000, …) Danach vertraten die Präsidentin bzw. der Präsident des Y nicht das Y als solches, sondern den Kläger, soweit der Geschäftsbereich des Y betroffen war und der Ministerpräsident nicht von seinem vorrangigen Vertretungsrecht Gebrauch gemacht hatte (§ 6 Abs. 2 der Institutsordnung).

Diese Umstände waren den Beteiligten zu jeder Zeit des Verfahrens bekannt. In dem Bericht über die USt-Sonderprüfung vom 02.08.2005 legte der Prüfer ausführlich dar, dass die Tätigkeiten des Y, die die Voraussetzungen eines BgA im Sinne des § 4 KStG erfüllten, dem Kläger als Unternehmer zuzurechnen seien. Auch in den zahlreichen Schreiben zwischen den Beteiligten und den ihnen übergeordneten Ministerien, die den USt-Festsetzungen vorausgingen, wurde wiederholt betont, dass Steuersubjekt nicht das Y, sondern der Kläger sei. Vor diesem Hintergrund geht der Senat im Streitfall davon aus, dass die abweichenden Bezeichnungen des Inhaltsadressaten in den USt-Bescheiden (der Kläger als gesetzlicher Vertreter des Y) bzw. des Klägers in der Klageschrift (das Y vertreten durch seinen Präsidenten) als unbeachtliche Ungenauigkeiten anzusehen sind.

Die Umsätze, die der Kläger im Rahmen seines BgA Auftragsforschung erzielt hat, unterliegen dem Regelsteuersatz. Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG liegen entgegen der Auffassung des Klägers im Streitfall nicht vor.

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG ermäßigt sich die Umsatzsteuer u.a. für die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar u.a. gemeinnützige Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 AO).

Unter Körperschaften sind dabei die Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen im Sinne des KStG zu verstehen (§ 51 Abs. 1 Satz 2 AO), wobei funktionale Untergliederungen (Abteilungen) von Körperschaften nach § 51 Satz 3 AO nicht als selbständige Steuersubjekte gelten. Zu den Körperschaften im Sinne des § 51 Abs. 1 Satz 2 AO gehören auch juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit diese im Rahmen von Betrieben gewerblicher Art tätig werden (vgl. z.B. BFH vom 11. Februar 1997, I R 161/94, BFH/NV 1997, 625). Insoweit kommt dann auch eine Anwendung gemeinnützigkeitsrechtlicher Steuervergünstigungen in Betracht.

Nach § 59 AO werden Steuervergünstigungen, die an die Gemeinnützigkeit anknüpfen, allerdings nur gewährt, wenn sich aus der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung (Satzung im Sinne dieser Vorschriften) ergibt, welchen Zweck die Körperschaft verfolgt, dass dieser Zweck den Anforderungen der §§ 52 bis 55 AO entspricht und dass er ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird. Dazu müssen die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung so genau bestimmt sein, dass allein auf Grund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Steuervergünstigung gegeben sind (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juli 1988 I R 244/83, BFH/NV 1989, 479).

Dabei wird davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen bei juristischen Person des öffentlichen Rechts auf Ebene des jeweiligen BgA erfüllt sein müssen, da zwar die juristische Person des öffentlichen Rechts das maßgebliche Steuerrechtssubjekt sei, dies aber gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG nur “wegen jeden einzelnen Betriebs” (vgl. BFH-Urteil vom 31. Oktober 1984 I R 21/81, BFHE 142, 386, BStBl II 1985, 162, dort zu § 4 Abs.1 Nr. 6 KStG a.F., § 5 Abs.1 Nr.9 KStG 1977). Daraus ergebe sich, dass der BgA Gewinnerzielungssubjekt bleibe und daher auch die Voraussetzungen der jeweiligen Vergünstigungsvorschrift erfüllen müsse (vgl. Jachmann/Unger in Beermann, AO/FGO, § 51 AO Tz. 52; so im Ergebnis auch die Finanzverwaltung, vgl. AEAO zu § 51 Nr. 1 und zu § 59 Nr. 2). Ob diese durch den Verweis in § 51 Abs. 1 Satz 2 AO bedingte körperschaftsteuerliche Auslegung der Gemeinnützigkeitsvorschriften der AO zutreffend ist und insbesondere auch auf Steuervergünstigungen im gemeinschaftsrecht-lich geprägten Umsatzsteuerrecht übertragbar ist, kann der Senat offen lassen, da im Streitfall weder der BgA Auftragsforschung noch der Kläger als das maßgebliche Steuerrechtssubjekt über eine Satzung im Sinne des § 59 AO verfügten.

Auch die Institutsordnung des Y (Bekanntmachung des Ministerpräsidenten vom 00.00.0000, …) war – unabhängig davon, dass sie nicht nur für den BgA Auftragsforschung, sondern für das gesamte Institut galt – keine Satzung, die den Anforderungen der §§ 59 ff. AO entsprach. Aus ihr ergab sich nicht mit hinreichender Bestimmtheit (vgl. § 60 Abs. 1 AO), dass das Institut ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der § 52 ff. AO verfolgte. Nach § 1 Abs. 1 der Institutsordnung war das Y eine Forschungseinrichtung, die in besonderem Maße der Förderung des Arbeits- und Wirtschaftlebens diente. Wie und zu wessen Gunsten diese Förderung erfolgen sollte, war in der Institutsordnung aber nicht geregelt. § 2 Abs. 1 der Institutsordnung konkretisierte die von dem Y verfolgten Zwecke nur dahingehend, dass der Forschungsauftrag des Instituts in einem Forschungs- und Entwicklungsplan festgelegt werden sollte, der jährlich von der Präsidentin bzw. dem Präsidenten des Instituts zu erstellen war und der Zustimmung des Ministerpräsidenten bedurfte. Dass dabei grundsätzlich auch Forschungsvorhaben berücksichtigt werden durften, die nicht ausschließlich und unmittelbar der Allgemeinheit zu Gute kamen, folgt aus § 3 der Institutsordnung. Danach war es dem Institut ausdrücklich und ohne eine Beschränkung des Umfangs dieser Tätigkeiten erlaubt, aus Drittmitteln finanzierte Forschung zu betreiben sowie Forschungs-, Entwicklungs- und Beratungsaufträge der Landesregierung durchzuführen.

Neben den formalen Voraussetzungen des § 59 AO liegen im Streitfall auch die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Begünstigung des Klägers nicht vor. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG schließt die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes trotz der Verfolgung gemeinnütziger Zwecke aus, soweit der Zweck durch die Erbringung von Leistungen verfolgt wird, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. In einem solchen Fall bleibt die Steuervergünstigung nach § 64 Abs. 1 AO nur dann erhalten, wenn es sich bei dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb um einen Zweckbetrieb im Sinne der §§ 65 ff. AO handelt.

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann der Kläger die in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 1 UStG vorgesehene Steuerermäßigung nicht in Anspruch nehmen, da die streitigen Leistungen im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt wurden, der nicht als Zweckbetrieb anzusehen ist. Ob der Kläger bzw. der BgA überhaupt gemeinnützige Zwecke verfolgt haben bzw. verfolgen konnten (vgl. zur Gemeinnützigkeitsfähigkeit des Staates etwa Isensee in Festschrift Dürig, 1990, S. 57 ff.; vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 7. März 2007 I R 90/04, BFHE 217, 413, BStBl II 2007, 628 und BFH-Beschluss vom 27. April 2005 I R 90/04, BFHE 209, 489, BStBl II 2006, 198), kann daher im vorliegenden Verfahren offen bleiben.

Die im Bereich der entgeltlichen Auftragsforschung erbrachten Leistungen sind unstreitig im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt worden. Entgegen der Auffassung des Klägers ist in dieser Tätigkeit aber kein Zweckbetrieb im Sinne der AO zu sehen, da der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb Auftragsforschung weder die Voraussetzungen des § 68 Nr. 9 AO noch die der allgemeinen Zweckbetriebsdefinition des § 65 AO erfüllt.

Die Voraussetzungen des § 68 Nr. 9 AO liegen im Streitfall nicht vor. Nach § 68 Nr. 9 AO sind Zweckbetriebe nur Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, deren Träger sich überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter oder aus der Vermögensverwaltung finanzieren. Dies war hier aber nicht der Fall. Dies gilt unabhängig von der zwischen den Beteiligten umstrittenen Frage, ob bei wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben einer juristischen Person des öffentlichen Rechts der BgA oder die juristische Person selbst als Träger des fraglichen Zweckbetriebs anzusehen ist. Im Streitfall haben sich weder der Kläger noch der BgA überwiegend durch Zuwendungen der öffentlichen Hand oder Dritter oder aus der Vermögensverwaltung finanziert.

Zuwendung im Sinne des § 68 Nr. 9 AO ist ein Mitteltransfer, der der Körperschaft ohne eigene Gegenleistung zufließt. Unter den Begriff der Zuwendung fallen daher unentgeltliche Leistungen wie Spenden, Mitgliedsbeiträge, Projektförderungszahlungen und Zahlungen, durch die eine aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemein politischen Gründen erwünschte Tätigkeit des Zahlungsempfängers gefördert werden soll. Keine Zuwendungen im Sinne des § 68 Nr. 9 AO sind hingegen Entgelte, die als Gegenleistung für eine konkrete Tätigkeit im Interesse des Auftraggebers, der auch die öffentliche Hand sein kann, geleistet werden (BFH-Urteile vom 4. April 2007 I R 76/05, BFHE 217, 1, BStBl II 2007, 631; vom 15. Oktober 1998 V R 51/96, BFH/NV 1999, 833; vom 30. November 1995 V R 29/91, BFHE 179, 447, BStBl II 1997, 189).

Im Streitfall haben sich weder der BgA Auftragsforschung noch der Kläger überwiegend aus Zuwendungen im Sinne des § 68 Nr. 9 AO finanziert. Der BgA Auftragsforschung, der nur die steuerpflichtigen Tätigkeiten aus dem Bereich Auftragsforschung umfasst, hat sich in den Streitjahren ausschließlich aus den durch die Auftragsforschung erzielten Einnahmen finanziert. Die öffentlichen Mittel, die dem Y zur Förderung der Grundlagenforschung zur Verfügung gestellt wurden, können insoweit nicht berücksichtigt werden, da die Grundlagenforschung nicht gegen Entgelt ausgeübt wurde und daher nicht dem BgA, sondern dem Hoheitsbereich des Klägers zuzurechnen ist. Auch der Kläger finanzierte sich nicht überwiegend aus unentgeltlichen Leistungen oder aus der Vermögensverwaltung, sondern aus Steuereinnahmen. Steuereinnahmen erfolgen aber nicht auf freiwilliger Grundlage und können daher unentgeltlichen Leistungen wie Spenden oder Mitgliedsbeiträgen nicht gleichgestellt werden.

Schließlich ist in dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb “Auftragsforschung” auch kein Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO zu sehen. Nach dieser Vorschrift ist ein Zweckbetrieb nur gegeben, wenn der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO), die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 AO) und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlichen Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO). Dies ist hier nicht der Fall. Im Streitfall kann wegen der bei dem Kläger und dem BgA fehlenden Satzungen schon nicht festgestellt werden, welche satzungsmäßigen Zwecke in den Streitjahren verfolgt wurden. Unabhängig von dieser formellen Frage hat der Kläger aber auch nicht dargelegt, dass er den von ihm verfolgten gemeinnützigen Zweck, Wissenschaft und Forschung zu fördern, nur durch einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erreichen konnte.

Die Frage, ob § 65 AO bei einer Forschungseinrichtung neben der insoweit spezielleren Vorschrift des § 68 Nr. 9 AO überhaupt anwendbar ist, kann daher im vorliegenden Verfahren unbeantwortet bleiben (verneinend BMF-Schreiben in BStBl I 1999, 944 unter I. Nr. 3; bejahend demgegenüber etwa Strahl, DStR 2000, 2163).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Zulassung der Revision folgt aus § 115 Abs. 2 FGO.

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