Gewinnermittlung und Buchführungspflicht von kommunalen Betrieben gewerblicher Art
OFD Rostock
S 2706 – 1/01 – St 24a
Verfügung vom 27.08.2002
KStG § 1 Abs. 1 Nr. 6,
KStG § 4
Bezug: OFD Rostock vom 22.12.1999, S 2706 – 2/99 – St 241
1. Steuerliche Gewinnermittlung
Einkünfte, die eine Kommune mit einem BgA erzielt, sind stets als solche aus Gewerbebetrieb zu behandeln (A. 28 I KStR 1995). Die steuerliche Gewinnermittlung ist – soweit nicht eine Zusammenfassung nach A. 5 VIII bis Xl KStR 1995 erfolgt – für jeden BgA gesondert durchzuführen.
Als Gewinnermittlungsarten kommen in Betracht
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die Ermittlung des Gewinns durch Betriebsvermögensvergleich (Bestandsvergleich) nach§§ 4 Abs. 1, 5 EStG
sowie
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die Ermittlung des Gewinns durch Gegenüberstellen der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben nach§ 4 Abs. 3 EStG (Einnahme-Überschussrechnung).
1.1 Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich
Die steuerliche Gewinnermittlung ist durch Betriebsvermögensvergleich nach§§ 4 Abs. 1, 5 EStG durchzuführen, wenn
a) der Steuerpflichtige auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet ist, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu erstellen § 5 Abs. 1 Satz 1 erste Alternative EStG);
Gesetzliche Verpflichtungen in diesem Sinne sind
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die Verpflichtungen nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen § 140 AO). In Betracht kommt bei BgA neben der Buchführungspflicht für Kaufleute nach§ 238 HGB insbesondere die (kaufmännische) Buchführungspflicht nach kommunalrechtlichen Vorschriften: siehe nachfolgende Tz. 2).
oder
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die steuerrechtliche Verpflichtung nach§ 141 AO auf Grund eines entsprechenden Hinweises des Finanzamts.
b) der Steuerpflichtige ohne eine solche Verpflichtung freiwillig Bücher führt und für den Betrieb regelmäßig Abschlüsse erstellt § 5 Abs. 1 Satz 1 zweite Alternative EStG).
1.2 Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschussrechnung
Die steuerliche Gewinnermittlung ist in den übrigen Fällen nach § 4 Abs. 3 EStG durch Ermittlung des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben durchzuführen.
2. Buchführungspflichten im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Betätigungen der Kommunen
Grundsätzlich dürfen sich Städte und Gemeinden im Rahmen von Unternehmen wirtschaftlich betätigen (Hinweis auf §§ 689 ff. der Kommunalverfassung M.-V. i.d.F. der Bekanntmachung vom 13.1.1998, GVOBI M.-V., S. 29). Derartige Unternehmen können als Eigenbetriebe oder als Regiebetriebe geführt werden.
2.1 Eigenbetriebe
Eigenbetriebe stellen als wirtschaftliche Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit Sondervermögen der Gemeinden i.S. des § 64 der Kommunalverfassung M.-V. dar.
Für Eigenbetriebe sind nach § 17i.V. mit §§ 19 bis 23 der Eigenbetriebsverordnung M.-V. vom 14.9.1998, GVOBI M.-V., S. 808 eine kaufmännische Buchführung einzurichten sowie Jahresabschlüsse i.S. der b§§ 238 ff. HGB zu erstellen. Dabei kommt es gem.§ 263 HGB i.V. mit den einschlägigen Bestimmungen der Eigenbetriebsverordnung M.-V. zu geringfügigen Abweichungen von den allgemeinen handelsrechtlichen Vorschriften (z.B. Erstellung der Bilanz nach einem vom Innenministerium erlassenen Formblatt, § 20 EigVO).
Bildet ein Eigenbetrieb steuerlich einen BgA i.S. der§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG, ist die steuerliche Gewinnermittlung nach Tz. 1.1 zwingend durch Betriebsvermögensvergleich nach§§ 4 Abs. 1, 5 EStG vorzunehmen.
2.2 Regiebetriebe
Erfolgt die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen nicht im Rahmen eines Eigenbetriebs, spricht man von einem Regiebetrieb. Regiebetriebe sind haushaltsrechtlich als Teil des kommunalen Haushalts nach den dafür geltenden Bestimmungen der Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO) und Gemeindekassenverordnung (GemKVO) zu führen.
Die Aufzeichnungen nach der GemHVO und GemKVO stellen keine (kaufmännische) Buchführung i.S. des§ 140 AO dar: die Verwaltungsbuchführung (Kameralistik) ermöglicht keine Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach§ 4 Abs. 1, § 5 EStG.
Handelt es sich bei den Regiebetrieb um einen BgA i.S. des§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG, ist hinsichtlich der steuerlichen Gewinnermittlung wie folgt zu differenzieren:
a) Ist die Kommune auf Grund außersteuerlicher gesetzlicher Vorschriften verpflichtet, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, hat sie diese Verpflichtung nach§ 140 AO auch für steuerliche Zwecke zu erfüllen und entsprechend die steuerliche Gewinnermittlung für den Regiebetrieb durch Betriebsvermögensvergleich nach§§ 4 Abs. 1, 5 EStG vorzunehmen. Gesetzliche Vorschrift in diesem Sinne kann z.B. die Buchführungspflicht für Kaufleute nach§ 238 HGB sein.
Erhält die Kommune nach§ 141 AO einen Hinweis des Finanzgerichts, dass sie verpflichtet ist, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu erstellen, hat sie die steuerliche Gewinnermittlung für den Regiebetrieb durch Betriebsvermögensvergleich nach§§ 4 Abs. 1, 5 EStG vorzunehmen.
Dasselbe gilt, wenn sie freiwillig Bücher führt und regelmäßig Abschlüsse aufstellt.
b) In den übrigen Fällen ist die steuerliche Gewinnermittlung für den Regiebetrieb nach§ 4 Abs. 3 EStG durch Ermittlung des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben durchzuführen.
Die vorstehenden Ausführungen gelten sinngemäß für alle BgA von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.
2.3 Aufforderung zur Buchführung durch das FA § 141 Abs. 2 AO)
Die Verpflichtung zur Buchführung ist vom Beginn des Wirtschaftsjahres an zu erfüllen, das auf die Bekanntgabe der Mitteilung i.S. von§ 141 Abs. 2 AO folgt.
Es wird gebeten, die in Betracht kommenden Steuerfälle kurzfristig daraufhin zu überprüfen, ob die Buchführungsgrenzen des§ 141 AO überschritten werden. Die Aufforderung zur Buchführung ist spätestens bis Ende November 2002 zu erteilen. In einschlägigen Fällen sollte zugleich vorsorglich auch ein Hinweis auf die neu eingeführte Kapitalertragsteuerpflicht gem. §§ 20 Abs. 1 Nr. 10b, 43 Abs. 1 Nr. 7c, 43a Abs. 1 Nr. 5 EStG erfolgen.
Es wird gebeten, über das Ergebnis der Überprüfung bis zum 10.12.2002 zu berichten.
Die Bezugsverfügung vom 22.12.1999, S 2706 – 2/99 – St 241, wird aufgehoben. Es wird gebeten, dort einen Hinweis auf diese Verfügung anzubringen.