Finanzministerium Hessen, Erlass vom 20.07.2011, S 7106 A – 096 – II51

Umsatzsteuerliche Behandlung zwischenbehördlicher Leistungsverrechnungen; Merkblatt über die Grundsätze der Umsatzbesteuerung des Landes Hessen als juristische Person des öffentlichen Rechts

Finanzministerium Hessen, Erlass vom 20.07.2011, S 7106 A – 096 – II51 –
(OFD Frankfurt, Verfügung vom 15.08.2011, S 7106 A – 119 – St 110)

Merkblatt über die Grundsätze der Umsatzbesteuerung des Landes Hessen als juristische Person des öffentlichen Rechts

– Stand Juli 2011 –

Hinweis:
Die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist im Bereich der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung der Tätigkeiten der öffentlichen Hand im Umbruch. Die Auswirkungen der BFH-Urteile vom 20. August 2009, V R 70/05 (betr. Vermögensverwaltung), sowie vom 17. März 2010, XI R 17/08, vom 15. April 2010, V R 10/09, und vom 3. März 2011, V R 23/10 (betr. wirtschaftliche Bedeutsamkeit), werden noch auf Bund-Länder-Ebene erörtert. Bis zum Abschluss der Erörterungen bleibt die bisherige Verwaltungsauffassung, die sich aus diesem Merkblatt ergibt, unverändert.

1. Allgemeines

Das Land Hessen ist als Gebietskörperschaft eine juristische Person des öffentlichen Rechts und kann grundsätzlich nach § 2 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) im Rahmen seiner Betriebe gewerblicher Art und seiner land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe unternehmerisch tätig werden. Die in diesen Betrieben ausgeführten Umsätze unterliegen der Umsatzsteuer. Die Aufgabe des Landes Hessen ist die hoheitliche Verwaltung innerhalb seiner Gebietsgrenzen. Im Zuge der Verwaltungsmodernisierung wurden jedoch bestehende Behörden in Landesbetriebe umgewandelt. Landesbetriebe sind rechtlich unselbständige, organisatorisch abgesonderte Teile der Verwaltung des Landes Hessen, deren Tätigkeit erwerbswirtschaftlich oder zumindest auf Kostendeckung ausgerichtet ist. Da sie aber auch hoheitliche Aufgaben wahrnehmen können, greift die Umsatzbesteuerung für Landesbetriebe nach der allgemeinen Vorschrift des § 2 Abs. 3 UStG grundsätzlich dann, wenn sie nicht überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt dienen. In diesen Fällen sind die Landesbetriebe wie Betriebe gewerblicher Art zu behandeln.

2. Unternehmereigenschaft des Landes Hessen

Nach § 2 Abs. 3 UStG ist die Unternehmereigenschaft des Landes Hessen eingeschränkt. Es ist grundsätzlich im Rahmen seiner Betriebe gewerblicher Art (Tz. 2.1) und im Rahmen seiner land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe (Tz. 2.2) Unternehmer.

Da auch für juristische Personen der in § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG geregelte Grundsatz der Unternehmenseinheit gilt, hat das Land Hessen nur ein Unternehmen, welches sämtliche Betriebe gewerblicher Art und land- oder forstwirtschaftliche Betriebe umfasst.

Beispiel:

Ein Land unterhält ein Landeslabor, ein Landesvermessungsamt und ein Weingut. Das Landeslabor und das Landesvermessungsamt sind Betriebe gewerblicher Art, sofern sie nicht hoheitlich tätig werden und die Voraussetzungen der §§ 1 Abs. 1 Nr. 6, 4 KStG erfüllen. Das Weingut ist ein landwirtschaftlicher Betrieb. Diese drei Betriebe bilden umsatzsteuerlich das Unternehmen des Landes.

Steuersubjekt ist das Land Hessen, das sich unternehmerisch betätigt, und nicht etwa der jeweilige Betrieb gewerblicher Art bzw. Betrieb der Land- oder Forstwirtschaft. Der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis richtet sich gegen das Land als Schuldner der Steuer nach § 13 a UStG.

Da für die Betriebe gewerblicher Art und für die land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe von Bund und Ländern ein Verfahren der gesonderten Umsatzsteuerfestsetzung zugelassen worden ist, wird die Umsatzsteuer dieser Betriebe hiernach nicht zentral bei einem Finanzamt, sondern gesondert für den einzelnen Betrieb festgesetzt. Für das Besteuerungsverfahren ist das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bereich der jeweilige Betrieb belegen ist, vgl. USt-Kartei OFD Frankfurt am Main zu § 2 Fach S 7106 Karte 6 N.

2.1 Betrieb gewerblicher Art

Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Landund Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich.

Zu den Betrieben gewerblicher Art gehören nicht Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe). Für die Annahme eines Hoheitsbetriebs reichen Zwangs- oder Monopolrechte nicht aus (§ 4 Abs. 1 und 5 KStG).

Ob ein Betrieb gewerblicher Art vorliegt, ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 i. V. m. § 4 KStG zu bestimmen und regelmäßig sowohl für die Umsatzsteuer als auch für die Körperschaftsteuer einheitlich zu entscheiden. Führt das Land Hessen das Unternehmen nicht als Betrieb gewerblicher Art, sondern in Form einer privatrechtlichen Gesellschaft, handelt es sich um einen selbständigen Unternehmer.

Einrichtung

Einrichtung ist jede nachhaltige und selbständige Tätigkeit, die sich als wettbewerbsrelevante Tätigkeit von den übrigen Aufgaben der juristischen Person des öffentlichen Rechts abgrenzen lässt.

Häufig begründen Landesbetriebe neben ihrem hoheitlichen Bereich einen oder mehrere Betriebe gewerblicher Art. Doch bedarf es dieser förmlichen Errichtung als Eigenbetrieb nicht, um eine Tätigkeit steuerlich als Betrieb gewerblicher Art einzuordnen.

Der Begriff der Einrichtung setzt nicht voraus, dass die Tätigkeit im Rahmen einer im Verhältnis zur sonstigen Betätigung der juristischen Person des öffentlichen Rechts verselbständigten Abteilung ausgeübt wird. Sie kann auch innerhalb des allgemeinen Betriebs miterledigt werden.

Merkmale für eine wirtschaftliche Selbständigkeit einer Einrichtung können sich aus einer gesonderten Geschäftsleitung, einer getrennten Buchführung oder einem gesondert geführten Haushalt ergeben.

Einen Jahresumsatz von über 130.000 EUR aus der wirtschaftlichen Tätigkeit sieht die Finanzverwaltung auch ohne das Vorliegen organisatorischer Merkmale als Indiz für die Annahme einer Einrichtung an. Ob die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Einrichtung gegeben sind, ist auf der Ebene des Landes und nicht auf der Ebene der einzelnen Dienststelle zu prüfen.

Wirtschaftliche Tätigkeit “gewerblicher Art”

Weitere Voraussetzung für das Vorliegen eines Betriebes gewerblicher Art ist eine wirtschaftliche Tätigkeit. Damit sollen im Grundsatz alle Einrichtungen der öffentlichen Hand erfasst werden, die das äußere Bild eines Gewerbebetriebes haben. Die Vermögensverwaltung gehört nicht zum Betrieb gewerblicher Art im körperschaftsteuerrechtlichen Sinne.

Keine hoheitliche Tätigkeit

Betriebe, die überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt dienen, d. h. hoheitliche Aufgaben erfüllen (sog. Hoheitsbetriebe), sind keine Betriebe gewerblicher Art und unterliegen nicht der Besteuerung. Kennzeichnend für die Ausübung öffentlicher Gewalt ist die Erfüllung von Aufgaben, die aus der Staatsgewalt abgeleitet sind und staatlichen Zwecken dienen. Diese Aufgaben sind der öffentlichen Hand eigentümlich und vorbehalten.

Die Verwertung bzw. die Veräußerung von Material oder Gegenständen aus dem hoheitlichen Bereich ist dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen. Das gilt z. B. für den An- und Verkauf von Dienstkraftfahrzeugen auch dann, wenn die Veräußerung regelmäßig vor Ablauf der wirtschaftlichen Nutzungsdauer erfolgt. Die Anzahl der vorgenommenen An- und Verkäufe ist unbeachtlich.

Eine Ausübung der öffentlichen Gewalt liegt nicht vor, wenn sich die Körperschaft durch ihre Einrichtung in den wirtschaftlichen Verkehr einschaltet und eine Tätigkeit entfaltet, die sich ihrem Inhalt nach von der Tätigkeit eines privaten gewerblichen Unternehmens nicht wesentlich unterscheidet. Einzelheiten zu den Abgrenzungsfragen können dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 11. Dezember 2009 – IV C 7 – S 2706/07/10006 – (BStBl I 2009 S. 1597) entnommen werden.

Einnahmeerzielungsabsicht

Das Körperschaftsteuergesetz fordert zur Annahme eines Betriebes gewerblicher Art keine Gewinnerzielungsabsicht, sondern lediglich Einnahmeerzielungsabsicht. Die Einnahmeerzielungsabsicht muss nicht Hauptzweck der wirtschaftlichen Betätigung sein. Ausreichend ist, wenn sie als Nebenzweck in Kauf genommen wird. Aus diesem Grunde liegt selbst dann ein Betrieb gewerblicher Art vor, wenn die Leistungen zum Selbstkostenpreis getätigt werden oder eine Kostendeckung nicht beabsichtigt ist.

Nachhaltigkeit

Eine Tätigkeit ist nachhaltig, wenn sie auf Wiederholung angelegt ist. Besteht eine Wiederholungsabsicht, kann eine einzelne Handlung bereits den Beginn einer nachhaltigen Tätigkeit darstellen. Es kommt ausschließlich auf die Nachhaltigkeit der Betätigung und nicht auf die Nachhaltigkeit des Zuflusses von Einnahmen an.

Wirtschaftliche Bedeutsamkeit

Die von der juristischen Person des öffentlichen Rechts ausgeübte Tätigkeit muss sich innerhalb der Gesamtbetätigung wirtschaftlich herausheben, sie muss von einigem Gewicht sein. Die Finanzverwaltung geht bei einem Jahresumsatz von mehr als 30.678 EUR von der wirtschaftlichen Bedeutsamkeit aus. Im Einzelfall kann auch bei Unterschreiten dieser Grenze eine wirtschaftliche Bedeutsamkeit angenommen werden, wenn besondere Gründe vorgetragen werden. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts mit ihrer Tätigkeit zu anderen Unternehmen unmittelbar in Wettbewerb tritt.

Keine Vermögensverwaltung

Steuerlich begründet die – häufig langfristig angelegte – Verwaltung des eigenen, nicht steuerbefangenen Vermögens (Vermögensverwaltung) keinen Betrieb gewerblicher Art.

Das Halten einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist grundsätzlich Vermögensverwaltung.

Sonderfälle

Zu den Betrieben gewerblicher Art gehören insbesondere Betriebe, die der Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen (§ 4 Abs. 3 KStG).

Als Betrieb gewerblicher Art gilt nach § 4 Abs. 4 KStG auch die Verpachtung eines solchen Betriebs, d. h. die entgeltliche Überlassung von Einrichtungen, Anlagen oder Rechten, die beim Verpächter einen Betrieb gewerblicher Art darstellen würden.

Beistandsleistungen

Die Finanzverwaltung vertritt bei der Frage, ob die Erfüllung hoheitlicher Tätigkeiten durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts für eine andere juristische Person des öffentlichen Rechts gegen Entgelt einen Betrieb gewerblicher Art begründet, folgende Auffassung:

Entscheidend für die steuerliche Beurteilung ist der Charakter der jeweiligen Tätigkeit. Es ist darauf abzustellen, ob die Tätigkeit, würde sie von der juristischen Person des öffentlichen Rechts selbst ausgeübt, als hoheitliche Tätigkeit oder zumindest als hoheitliche Teilaufgabe oder hoheitliches Hilfsgeschäft zu behandeln wäre. Eine isolierte Prüfung der übertragenen Tätigkeit unter dem Gesichtspunkt, ob sie hoheitlich ist, darf nicht vorgenommen werden. Dies bedeutet:

Die Beistandsleistung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts bei der Erfüllung von hoheitlichen Tätigkeiten für eine andere juristische Person des öffentlichen Rechts begründet keinen Betrieb gewerblicher Art. Der hoheitliche Charakter der Tätigkeit bleibt auch bei der übernehmenden juristischen Person des öffentlichen Rechts erhalten. Dasselbe gilt, wenn sich die Beistandsleistung nicht auf die hoheitliche Tätigkeit insgesamt, sondern auf hoheitliche Teilaufgaben (z. B. Datenverarbeitung) oder Hilfsgeschäfte bezieht, die für sich gesehen keinen hoheitlichen Charakter haben, aber bei Abwicklung durch die juristische Person des öffentlichen Rechts selbst als hoheitliche Teilaufgaben oder Hilfsgeschäfte zu qualifizieren wären. Auch insoweit bleibt der hoheitliche Charakter erhalten, wenn die Beistandsleistung für den Hoheitsbereich einer juristischen Person des öffentlichen Rechts erbracht wird.

2.2 Land- und forstwirtschaftliche Betriebe

Die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe des Landes Hessen stellen keine Betriebe gewerblicher Art dar, sie gehören aber wie die Betriebe gewerblicher Art zu dessen Unternehmensbereich (§ 2 Abs. 3 Satz 1 UStG).

Die Merkmale eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes ergeben sich aus § 24 Abs. 2 UStG. Ob ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb vorliegt, ist nach den allgemeinen Merkmalen zu beurteilen, die im Einkommensteuerrecht, im Gewerbesteuerrecht und im Umsatzsteuerrecht gelten. Landoder forstwirtschaftliche Betriebe sind beispielsweise Weingüter oder Forstbetriebe eines Bundeslandes.

Im Gegensatz zu den Betrieben gewerblicher Art liegt ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb unabhängig von Umsatzgrenzen vor.

3 Umsätze

Die Besteuerung der Umsätze des Landes Hessen als unternehmerisch tätige juristische Person des öffentlichen Rechts folgt den allgemeinen Regeln. Dies gilt insbesondere auch für das Recht auf Vorsteuerabzug nach § 15 UStG und die Besteuerung von unentgeltlichen Wertabgaben.

Es sind die nachfolgend dargestellten Fallgestaltungen zu beachten:

3.1 Umsätze außerhalb der unternehmerischen Betätigung

Umsätze des Landes Hessens außerhalb einer unternehmerischen Betätigung im Sinne von § 2 Abs. 3 UStG sind stets nicht steuerbar.

3.2 Umsätze zwischen mehreren Betrieben im Sinne des § 2 Abs. 3 UStG des Landes Hessen

Umsätze zwischen den Betrieben im Sinne des § 2 Abs. 3 UStG des Landes Hessens sind – unabhängig von etwaigen Leistungsverrechnungen – nicht steuerbare Innenumsätze, da der Rahmen des Unternehmens des Landes Hessen nicht verlassen wird, vgl. Tz. 2 (“Grundsatz der Unternehmenseinheit”).

Beispiel:

Das Weingut eines Landes als landwirtschaftlicher Betrieb liefert Wein an einen Betrieb gewerblicher Art (z. B. Cafeteria der Verwaltungsfachhochschule). Der Umsatz stellt einen nicht steuerbaren Innenumsatz dar.

3.3 Umsätze von einem Betrieb im Sinne des § 2 Abs. 3 UStG an den Hoheitsbereich der eigenen Trägerkörperschaft

Die Umsätze von einem Betrieb gewerblicher Art oder einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb an den Hoheitsbereich führen zu unentgeltlichen Wertabgaben.

3.3.1 Gleichgestellte Lieferung

Die Entnahme eines Gegenstandes aus dem unternehmerischen Bereich und dessen Überführung in den hoheitlichen Bereich der Trägerkörperschaft stellt eine nach § 3 Abs. 1 b Satz 1 Nr. 1 UStG steuerbare und steuerpflichtige unentgeltliche Wertabgabe dar, da der Gegenstand für außerunternehmerische (hoheitliche) Zwecke entnommen wird. Voraussetzung ist, dass der Gegenstand zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hatte, § 3 Abs. 1 b Satz 2 UStG.

Die unentgeltliche Wertabgabe bemisst sich nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG nach dem Einkaufspreis zzgl. Nebenkosten für den Gegenstand oder für einen gleichartigen Gegenstand oder mangels eines Einkaufpreises nach den Selbstkosten jeweils zum Zeitpunkt des Umsatzes.

Beispiel:

Das Weingut des Landes besitzt einen 2 Jahre alten Kopierer, den es im betrieblichen Bereich nicht mehr verwenden kann. Er wird nun seit Januar 2011 im hoheitlichen Bereich verwendet. Der Einkaufspreis betrug 2.000 EUR netto, das Land Hessen war zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt. Die Kosten für einen gleichartigen Gegenstand betragen derzeit 1.400 EUR.
Die Entnahme stellt eine unentgeltliche Wertabgabe dar (§ 3 Abs. 1 b Satz 1 Nr. 1 UStG). Die Bemessungsgrundlage beträgt 1.400 EUR, da dies die Kosten für einen gleichartigen Gegenstand zum Zeitpunkt des Umsatzes sind (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG). Die Umsatzsteuer beträgt 19 %, somit 266 EUR (§ 12 Abs. 1 UStG). Sie entsteht nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums Januar 2011, da hier die unentgeltliche Wertabgabe ausgeführt wurde.

Entnimmt das Land Hessen jedoch einen seinem hoheitlichen Bereich dienenden Gegenstand, liegt insoweit keine unentgeltliche Wertabgabe vor.

3.3.2 Gleichgestellte sonstige Leistung

Verwendet das Land Hessen im hoheitlichen Bereich einen unternehmerischen Gegenstand, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, so stellt diese Leistung aus dem unternehmerischen Bereich an den hoheitlichen Bereich eine nach § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG steuerbare und steuerpflichtige unentgeltliche Wertabgabe dar. Denn der dem unternehmerischen Bereich zugeordnete Gegenstand wird für hoheitliche und somit außerunternehmerische Zwecke verwendet.

Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wertabgabe sind nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG die bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Ausgaben des Unternehmers für die Erbringung der sonstigen Leistung. Soweit ein Gegenstand für die Erbringung der sonstigen Leistung verwendet wird, zählen auch die Anschaffungs- und Herstellungskosten für diesen Gegenstand zu diesen Ausgaben. Diese sind gleichmäßig auf einen Zeitraum zu verteilen, der dem Berichtigungszeitraum nach § 15 a UStG für diesen Gegenstand entspricht. Der Berichtigungszeitraum beträgt bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens 5 Jahre, bei Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile 10 Jahre. Aus der Bemessungsgrundlage sind solche Kosten auszuscheiden, die nicht zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.

Beispiel:

Das Land verwendet seit Januar 2011 eine betriebliche Telekommunikationsanlage zu 10 % auch für den hoheitlichen Bereich. Die Anschaffungskosten betrugen im Januar 2010 6.000 EUR (netto). Der Vorsteuerabzug ist im Januar 2010 in vollem Umfang vorgenommen wurden.
Die Verwendung stellt eine unentgeltliche Wertabgabe dar (§ 3 Abs. 9 a Nr.1 UStG).
Da die Telekommunikationsanlage dem Unternehmen zugeordnet ist und für die Erbringung der Leistung verwendet wird, gehören auch die anteiligen Anschaffungskosten zu den Ausgaben. Da die Anschaffungskosten mindestens 500 EUR betragen haben, sind sie auf 5 Jahre zu verteilen, also jährlich (6.000 EUR / 5 Jahre) 1.200 EUR, davon anteilig 10 %, somit 120 EUR. Monatlich gehören daher (120 EUR / 12) 10 EUR der Anschaffungskosten zu den Ausgaben. Die Bemessungsgrundlage beträgt monatlich 10 EUR, da dies die Ausgaben sind, die bei der Ausführung dieser Umsätze entstanden sind (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG).
Die Umsatzsteuer beträgt nach § 12 Abs. 1 UStG 19 %, somit 1,90 EUR, und entsteht nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 UStG mit Ablauf des jeweiligen Voranmeldungszeitraums (Januar – Dezember 2011), in dem die unentgeltliche Wertabgabe ausgeführt wurde.

3.4 Leistungen vom Hoheitsbereich an den betrieblichen Bereich

Die Leistungen vom Hoheitsbereich an den betrieblichen Bereich stellen nicht steuerbare Vorgänge dar, da sie außerhalb des Unternehmens erfolgen.

3.5 Leistungen gegenüber anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts

Leistungen gegenüber anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts (z. B. auch Hochschulen) unterliegen nicht der Umsatzsteuer, wenn sie für den Hoheitsbereich der empfangenden Körperschaft erbracht werden (Beistandsleistungen). Dagegen unterliegen Leistungen an Betriebe gewerblicher Art von anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts sowie Leistungen für Bereiche der Vermögensverwaltung anderer juristischer Personen des öffentlichen Rechts der Umsatzsteuer.

Leistungen an den Hoheitsbereich der empfangenden Körperschaft sind als nicht steuerbare Amtshilfe zu qualifizieren, die nicht im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art erbracht werden. Entscheidend ist demnach die Einordnung des Leistungsbezugs beim Leistungsempfänger. Bei Leistungen, die sowohl in den hoheitlichen als auch in den wirtschaftlichen Bereich einer anderen Körperschaft des öffentlichen Rechts eingehen, ist eine Aufteilung vorzunehmen. Siehe hierzu auch ausführlich Tz. 2.1.

3.6 Leistungen gegenüber Dritten

Die Umsätze eines Betriebes im Sinne des § 2 Abs. 3 UStG des Landes Hessens gegenüber Dritten unterliegen der Umsatzsteuer.

4 Innergemeinschaftliche Erwerbe

4.1 Allgemeines

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG unterliegen innergemeinschaftliche Erwerbe gegen Entgelt der Umsatzsteuer. Sowohl die Betriebe gewerblicher Art als auch hoheitlich tätige Gebietskörperschaften bzw. deren Organisationseinheiten (z. B. Ressorts, Behörden, Ämter) können innergemeinschaftliche Erwerbe durchführen.

Ein innergemeinschaftlicher Erwerb liegt u. a. vor, wenn

ein Gegenstand
von einem Unternehmer (z. B. einem Betrieb gewerblicher Art) für sein Unternehmen erworben wird oder
von einer juristischen Person erworben wird, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwirbt,
der liefernde Unternehmer (kein Kleinunternehmer) seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft hat und
der Gegenstand bei der Lieferung von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft in das Inland gelangt

(§ 1a Abs. 1 UStG).

Die Zuordnungsentscheidung des Erwerbers richtet sich nach den Vorschriften über den Vorsteuerabzug, d. h. der Gegenstand muss zu mindestens 10 % für das Unternehmen verwendet werden (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG). Die Entscheidung ist bereits im Zeitpunkt des Erwerbs zu treffen. Der Lieferer kann immer dann von einer Lieferung an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgehen, wenn der Erwerber bei der Bestellung seine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.; vgl. Tz. 4.3) des Bestimmungsmitgliedstaates verwendet.

4.2 Erwerbsschwelle

Ein innergemeinschaftlicher Erwerb setzt unter anderem voraus, dass die Summe der Entgelte für alle Erwerbe den Betrag von 12.500 EUR im vorangegangenen Kalenderjahr überstiegen hat und diesen Betrag im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich übersteigen wird (Erwerbsschwelle; § 1a Abs. 3 Nr. 2 UStG).

Juristische Personen des öffentlichen Rechts haben grundsätzlich alle in ihrem Bereich vorgenommenen innergemeinschaftlichen Erwerbe zusammenzufassen. Bei den großen Gebietskörperschaften (hierzu gehört auch das Land Hessen) können auch einzelne Organisationseinheiten (z. B. Ressorts, Behörden, Ämter) für ihre innergemeinschaftlichen Erwerbe als Steuerpflichtige behandelt werden. Dabei wird aus Vereinfachungsgründen davon ausgegangen, dass die oben genannte Erwerbsschwelle von 12.500 EUR überschritten ist. In diesem Fall können die einzelnen Organisationseinheiten eine eigene USt-IdNr. (vgl. Tz. 4.3) erhalten (Abschnitte 1a.1 Abs. 3 , 27a.1 Abs. 3 Satz 4 des Umsatzsteuer- Anwendungserlasses – UStAE -). Zur Verwendung der USt-IdNr. siehe Tz. 4.5 f.

4.3 Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.)

Die USt-IdNr. dient der korrekten Anwendung von umsatzsteuerlichen Regelungen im europäischen Binnenmarkt. Sie ist eine eigenständige Nummer, die

Unternehmern (also auch den Betrieben gewerblicher Art) und
juristischen Personen, die nicht Unternehmer sind oder die Gegenstände nicht für ihr Unternehmen erwerben,

auf Antrag vom Bundeszentralamt für Steuern erteilt wird (§ 27a Abs.1 UStG).

Das Bundeszentralamt für Steuern bietet im Internet einen Service zur Online-Beantragung einer USt- IdNr. (www.bzst.de). Alternativ kann der Antrag schriftlich unter Angabe von Name und Anschrift des Antragsstellers, des zuständigen Finanzamts und der Steuernummer, unter der der Betrieb gewerblicher Art bzw. die juristische Person umsatzsteuerlich geführt werden, an das

Bundeszentralamt für Steuern
– Dienstsitz Saarlouis –
66738 Saarlouis

adressiert werden.

Die USt-IdNr. wird dem Antragsteller schriftlich bekannt gegeben.

4.4 Umsatzsteuererklärungen

Die Gebietskörperschaft bzw. die einzelnen Organisationseinheiten (vgl. Tz. 4.2) und die Betriebe gewerblicher Art müssen die Warenlieferungen aus anderen Mitgliedstaaten in den Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. den Umsatzsteuerjahreserklärungen als innergemeinschaftliche Erwerbe erklären und die fällige Umsatzsteuer darauf anmelden und bezahlen.

Beispiel:

Das Hessische Kultusministerium kann beim Bundeszentralamt für Steuern eine USt-IdNr. beantragen. Die Umsatzsteuer ist mit der Umsatzsteuervoranmeldung bzw. mit der Umsatzsteuerjahreserklärung beim zuständigen Finanzamt anzumelden und zu bezahlen.

4.5 Wareneinkauf aus einem anderen Mitgliedstaat durch einen Betrieb gewerblicher Art

Der Betrieb gewerblicher Art kann einen Wareneinkauf von einem Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat wie folgt durchführen:

4.5.1 Wareneinkauf durch einen Betrieb gewerblicher Art ohne Verwendung einer USt-Id-Nr.

Verwendet der Betrieb gewerblicher Art beim Wareneinkauf aus einem anderen Mitgliedstaat keine USt-IdNr., ist die Lieferung im anderen Mitgliedstaat umsatzsteuerpflichtig. Der Steuersatz richtet sich nach den Regelungen des anderen Mitgliedstaates. Der Kaufpreis ist in Höhe des Nettobetrags und der Umsatzsteuer an den Verkäufer zu zahlen. Im Inland liegt zusätzlich ein innergemeinschaftlicher Erwerb vor (§ 1a Abs. 1 UStG). Der Betrieb gewerblicher Art muss den innergemeinschaftlichen Erwerb bei dem zuständigen deutschen Finanzamt anmelden und die darauf entfallende Umsatzsteuer bezahlen.

Die deutsche Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb ist unter den Voraussetzungen des § 15 UStG (Tz. 6) als Vorsteuer abzugsfähig.

Die Umsatzsteuer des anderen Mitgliedstaates ist im Inland nicht als Vorsteuer abzugsfähig.

Beispiel:

Ein Betrieb gewerblicher Art kauft am 1. März 2011 Büromöbel zum Preis von netto 2.000 EUR von einem Lieferanten aus Dänemark ohne Verwendung einer USt-IdNr. Die dänische Umsatzsteuer beträgt 500 EUR (Steuersatz 25 %). Der Betrieb gewerblicher Art zahlt an den Lieferanten 2.500 EUR. Gleichzeitig muss der Betrieb gewerblicher Art die deutsche Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb i. H. v. 380 EUR (19 % von 2.000 EUR) an das deutsche Finanzamt zahlen.
Unter den Voraussetzungen des § 15 UStG ist die deutsche Umsatzsteuer i. H. v. 380 EUR als Vorsteuer abzugsfähig. Die dänische Umsatzsteuer ist nach § 15 UStG nicht als Vorsteuer abzugsfähig.

4.5.2. Wareneinkauf durch einen Betrieb gewerblicher Art mit Verwendung einer USt-Id-Nr.

Verwendet der Betrieb gewerblicher Art beim Wareneinkauf eine USt-IdNr., ist die Lieferung im anderen Mitgliedstaat unter den übrigen Voraussetzungen umsatzsteuerfrei. Der Kaufpreis ist nur in Höhe des Nettobetrags an den Verkäufer zu zahlen. Im Inland liegt ein innergemeinschaftlicher Erwerb vor (§ 1a Abs. 1 UStG). Der Betrieb gewerblicher Art muss den innergemeinschaftlichen Erwerb bei dem zuständigen deutschen Finanzamt anmelden und die darauf entfallende Umsatzsteuer bezahlen. Die deutsche Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb ist unter den Voraussetzungen des § 15 UStG (Tz. 6) als Vorsteuer abzugsfähig.

Beispiel:

Ein Betrieb gewerblicher Art kauft Büromöbel zum Preis von netto 2.000 EUR von einem Lieferanten aus Dänemark unter Verwendung der ihm erteilten USt-IdNr. Da die Lieferung in Dänemark umsatzsteuerfrei ist, beträgt die Zahlung an den Lieferanten 2.000 EUR. Der Betrieb gewerblicher Art erklärt in der Umsatzsteuererklärung den innergemeinschaftlichen Erwerb i. H. v. 2.000 EUR und zahlt die deutsche Umsatzsteuer i. H. v. 380 EUR (19 %) an das zuständige Finanzamt. Unter den Voraussetzungen des § 15 UStG (Tz. 6) ist die Umsatzsteuer i. H. v. 380 EUR als Vorsteuer abzugsfähig.
Aufgrund der unterschiedlichen steuerlichen Auswirkungen bei einem Wareneinkauf aus einem anderen Mitgliedstaat mit und ohne Verwendung einer USt-IdNr. (tz. 4.5.1 und 4.5.2) ist im Zeitpunkt der Lieferung auf die zutreffende Verwendung der USt-IdNr. zu achten. Eine nachträgliche Verwendung der USt-IdNr. und die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung für die Lieferung ist zwar grundsätzlich möglich, bringt in der Praxis jedoch häufig Probleme mit sich, da der liefernde Unternehmer die Voraussetzungen der Steuerbefreiung grundsätzlich zeitnah nachweisen muss.

4.6 Wareneinkauf aus einem anderen Mitgliedstaat im hoheitlichen (nichtunternehmerischen) Bereich des Landes Hessen (z. B. Ressorts, Behörden, Ämter)

4.6.1 Wareneinkauf im hoheitlichen Bereich ohne Verwendung einer USt-IdNr.

Kauft das Land Hessen bzw. eine Organisationseinheit Ware bei einem Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat ohne Verwendung einer USt-IdNr., ist die Lieferung in dem anderen Mitgliedstaat umsatzsteuerpflichtig. Der Steuersatz richtet sich nach den Regelungen des anderen Mitgliedstaates. An den Verkäufer sind der Nettokaufpreis und die Umsatzsteuer des anderen Mitgliedstaates zu zahlen.

Im Inland liegt ein innergemeinschaftlicher Erwerb vor (§ 1 a Abs. 1 UStG ), da aus Vereinfachungsgründen davon ausgegangen wird, dass die einzelnen Organisationseinheiten die Erwerbsschwelle überschreiten und somit als Steuerpflichtige behandelt werden (Abschnitt 1a.1 Abs. 3 UStAE ). Das Land bzw. die Organisationseinheit muss den innergemeinschaftlichen Erwerb, auch wenn dieser für den hoheitlichen Bereich getätigt wurde, beim zuständigen deutschen Finanzamt anmelden und die darauf entfallende Umsatzsteuer bezahlen.

Sowohl die deutsche Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb als auch die Umsatzsteuer des anderen Mitgliedstaates sind nicht als Vorsteuer abzugsfähig (§ 15 UStG).

Beispiel:

Das Finanzministerium kauft Büromöbel zum Preis von netto 2.000 EUR von einem Lieferanten aus Dänemark ohne Verwendung der USt-IdNr. Die Lieferung ist in Dänemark umsatzsteuerpflichtig; die dänische Umsatzsteuer beträgt 500 EUR (Steuersatz 25 %). Das Finanzministerium zahlt an den Lieferanten den Bruttokaufpreis i. H. v. 2.500 EUR.
Es erklärt in der Umsatzsteuererklärung den innergemeinschaftlichen Erwerb i. H. v. 2.000 EUR und zahlt die deutsche Umsatzsteuer i. H. v. 380 EUR (19 %) an das zuständige Finanzamt.
Sowohl die deutsche Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb als auch die Umsatzsteuer des anderen Mitgliedstaates sind nicht als Vorsteuer abzugsfähig (§ 15 UStG).
Die Kosten für die Büromöbel betragen 2.880 EUR (2000 EUR Nettokaufpreis plus 500 EUR dänische Umsatzsteuer plus 380 EUR deutsche Umsatzsteuer).

4.6.2. Wareneinkauf im hoheitlichen Bereich mit Verwendung einer USt-IdNr.

Kauft das Land Hessen bzw. eine Organisationseinheit Ware bei einem Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat mit Verwendung einer USt-IdNr., ist die Lieferung in dem anderen Mitgliedstaat unter den übrigen Voraussetzungen umsatzsteuerfrei. An den Verkäufer ist nur der Nettokaufpreis zu zahlen.

Im Inland liegt ein innergemeinschaftlicher Erwerb vor (§ 1a Abs. 1 UStG). Das Land muss den innergemeinschaftlichen Erwerb beim zuständigen deutschen Finanzamt anmelden und die darauf entfallende Umsatzsteuer bezahlen. Die deutsche Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb ist nicht als Vorsteuer abzugsfähig (§ 15 UStG).

Beispiel:

Das Schulamt Frankfurt kauft Büromöbel zum Preis von netto 2.000 EUR von einem Lieferanten aus Dänemark unter Verwendung der ihm erteilten USt-IdNr. Das Schulamt zahlt an den Lieferanten den Nettobetrag i. H. v. 2.000 EUR. Gleichzeitig erklärt es in der Umsatzsteuererklärung den innergemeinschaftlichen Erwerb i. H. v. 2.000 EUR und zahlt die deutsche Umsatzsteuer i. H. v. 380 EUR (19 %) an das zuständige Finanzamt. Die Umsatzsteuer ist nicht als Vorsteuer abzugsfähig.
Die Kosten für die Büromöbel betragen 2.380 EUR (2.000 EUR Nettokaufpreis plus 380 EUR deutsche Umsatzsteuer).

 5. Grenzüberschreitende Dienstleistungen

Mit der am 1. Juli 2011 in Kraft getretenen Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. EU 2011 Nr. L 77 S. 1) wurden bestimmte Vorschriften der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) konkretisiert. Die entsprechenden Abschnitte des UStAE wurden mit Wirkung vom 1. Juli 2011 an die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011des Rates vom 15. März 2011 angepasst. Insbesondere ergeben sich hierdurch Änderungen bei der Bestimmung des Leistungsorts bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts, die nach dem 30. Juni 2011 ausgeführt werden. Bezüglich der ab 1. Juli 2011 geltenden Rechtslage verweise ich auf mein Schreiben vom 22. Juni 2011

– S7117 A-046-II53 – an die Hessische Staatskanzlei und die übrigen Ressorts der hessischen Landesregierung und das Schreiben des BMF vom 21. Juni 2011 – IV D 3 – S 7117/11/10001(DOK 2011/0410482) – an die Bundesressorts sowie andere Bundesbehörden, die diesem Merkblatt als Anlagen beigefügt sind.

6 Vorsteuerabzug

Vorsteuern, die dem Land Hessen in Rechnung gestellt worden sind, führen nur dann zum Vorsteuerabzug, wenn die zugrunde liegende Leistung an einen Betrieb i. S. d. § 2 Abs. 3 UStG erbracht wurde. Wird das Land Hessen im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art oder eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes tätig, so steht ihm grundsätzlich das Recht zu, die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abzuziehen (Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG). Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Betrieb eine nach den §§ 14, 14 a UStG ausgestellte Rechnung besitzt.

Bezieht das Land Hessen von einem Dritten sonstige Leistungen, die sowohl im unternehmerischen Bereich als auch im hoheitlichen Bereich verwendet werden, sind diese entsprechend dem Verwendungszweck in einen abziehbaren und nicht abziehbaren Teil aufzuteilen. Eine unentgeltliche Wertabgabe des Betriebes gewerblicher Art oder des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes an den Hoheitsbereich liegt nicht vor.

Bezieht das Land Hessen von einem Dritten einen einheitlichen Gegenstand, den es sowohl im unternehmerischen Bereich als auch im hoheitlichen Bereich verwendet, hat es die Wahl, den Gegenstand dem Betrieb gewerblicher Art bzw. dem land- und fortswirtschaftlichen Betrieb ganz oder nur hinsichtlich des unternehmerisch genutzten Teils zuzuordnen. Eine Zuordnung zum Unternehmen ist aber nur bei einer unternehmerischen Nutzung von mindestens 10 % möglich (vgl. § 15 Abs. 1 S. 2 UStG). Entscheidet es sich für die Zuordnung des gesamten Gegenstands zum Betrieb, unterliegt die Verwendung im hoheitlichen Bereich einer unentgeltlichen Wertabgabe, vgl. Tz. 3.

7 Zuschüsse

Bezüglich der Behandlung von Zuschüssen des Landes Hessen an Landesbetriebe ist aus umsatzsteuerlicher Sicht genauer zu differenzieren. Hierbei kann es sich um

Entgelt für eine Leistung an den Zuschussgeber (Tz. 7.1)
(zusätzliches) Entgelt eines Dritten (Tz. 7.2) oder
einen echten Zuschuss (Tz. 7.3)

handeln (vgl. Abschnitt 10.2 Abs. 1 UStAE).

7.1 Entgelt für eine Leistung an den Zuschussgeber (Abschnitt 10.2 Abs. 2 UStAE)

Zahlt der Zuschussgeber für eine vom Zahlungsempfänger an ihn ausgeführte Leistung, handelt es sich um Entgelt. Regelmäßig liegt eine gegenseitige Verpflichtung in den Bewilligungsbedingungen für die Zahlung vor. Zuschüsse sind Entgelt für eine Leistung an den Zahlenden,

Beispiel 1:

Zuschüsse einer Gemeinde an einen eingetragenen Verein, z.B. eine Werbegemeinschaft, zur vertragsgemäßen Durchführung einer Werbeveranstaltung in der Vorweihnachtszeit.

Beispiel 2:

Ein Bauherr errichtet ein Geschäftshaus mit einer Tiefgarage und verpflichtet sich gegenüber der Stadt, einen Teil der Stellplätze der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Er erhält dafür ein Entgelt von der Stadt (vgl. BFH-Urteil vom 13. November 1997, V R 11/97, BStBl II 1998 S. 169).

Beispiel 3:

Anfertigung von Auftragsgutachten gegen Entgelt, wenn der öffentliche Auftraggeber das Honorar für das Gutachten und nicht dafür leistet, die Tätigkeit des Zahlungsempfängers zu ermöglichen oder allgemein zu fördern; zum Leistungsaustausch bei der Durchführung von Forschungsvorhaben, zu der die öffentliche Hand Zuwendungen bewilligt hat, vgl. BFH-Urteil vom 23. Februar 1989, V R 141/84, BStBl II 1989 S. 638.

Beispiel 4:

Eine Gemeinde bedient sich zur Erfüllung der ihr nach Landesrecht obliegenden Verpflichtung zur Abwasserbeseitigung einschließlich der Errichtung der dafür benötigten Bauwerke eines Unternehmers. Dieser erlangt dafür u. a. einen vertraglichen Anspruch auf die Fördermittel, die der Gemeinde zustehen.
Der Unternehmer erbringt eine steuerbare Leistung an die Gemeinde. Ein für Rechnung der Gemeinde vom Land an den Unternehmer gezahlter Investitionszuschuss für die Errichtung der Kläranlage ist Entgelt (vgl. BFH-Urteil vom 20. Dezember 2001, V R 81/99, BStBl II 2003 S. 213).

7.2 Zuschüsse als zusätzliches Entgelt eines Dritten (Abschnitt 10.2 Abs. 3 bis 6 UStAE )

Zuschüsse als zusätzliches Entgelt eines Dritten i. S. v. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG sind Zahlungen, die dem leistenden Unternehmer für eine von ihm erbrachte Lieferung oder sonstige Leistung von einem anderen als dem Leistungsempfänger gewährt werden. Ein zusätzliches Entgelt eines Dritten liegt dann vor, wenn die Zahlung des Landes Hessen (“Zuschuss”) nicht zur Förderung des Zahlungsempfängers gewährt wird, sondern der “Zuschuss” konkret die Zahlung des Leistungsempfängers ergänzt und damit preisauffüllenden Charakter hat (vgl. Abschnitt 10.2 Abs. 4 und 5 UStAE ).

Nicht zum zusätzlichen Entgelt gehören hingegen Zahlungen eines Dritten, wenn sie dem leistenden Unternehmer (Zahlungsempfänger) zu dessen Förderung und nicht überwiegend im Interesse des Leistungsempfängers gewährt werden.

Beispiel 1:

Ein Bundesland gewährt einem Studentenwerk einen Zuschuss zum Bau eines Studentenwohnheims. Der Zuschuss wird unmittelbar dem Bauunternehmer ausgezahlt.
Es liegt Entgelt von dritter Seite für die Leistung des Bauunternehmers an das Studentenwerk vor.

Beispiel 2:

Eine Gemeinde bedient sich zur Erfüllung ihrer hoheitlichen Aufgaben im Bereich der Abfallwirtschaft einer GmbH. Die GmbH übernimmt die Errichtung und den Betrieb von Entsorgungseinrichtungen. Hierfür gewährt das Land Zuwendungen, die nach den Förderrichtlinien von den abfallbeseitigungspflichtigen Gemeinden oder den mit der Abfallbeseitigung beauftragten privaten Unternehmern beantragt werden können.
a) Die Gemeinde ist Antragstellerin.
Das Land zahlt die Zuwendungen an die antragstellende Gemeinde aus. Die Gemeinde reicht die Gelder an die GmbH weiter.
Die GmbH erbringt steuerbare und steuerpflichtige Leistungen (Errichtung und Betrieb der Entsorgungseinrichtungen) an die Gemeinde. Zum Entgelt für diese Leistungen gehören auch die von der Gemeinde an die GmbH weitergeleiteten Zuwendungen des Landes.
Selbst wenn das Land auf Antrag der Gemeinde die Mittel direkt an die GmbH überwiesen hätte, wären diese Teil des Entgelts für die Leistungen der GmbH.
b) Die GmbH ist Antragstellerin.
Das Land zahlt die Zuwendungen an die antragstellende GmbH aus.
Die GmbH erbringt auch in diesem Fall steuerbare und steuerpflichtige Leistungen an die Gemeinde. Die Zahlungen des Landes an die GmbH sind zusätzliches Entgelt eines Dritten für die Leistungen der GmbH an die Gemeinde, da die Zahlungen im Interesse der Gemeinde geleistet werden.

Beispiel 3:

Ein Landesbetrieb erbringt eine Lieferung oder sonstige Leistung an einen fremden Dritten. Die Gegenleistung für die erbrachte Leistung erfolgt in Form einer Zahlung des Leistungsempfängers und eines “unechten Zuschusses” des Landes Hessen.
Der Umsatzsteuer unterliegen sowohl die Zahlung des Leistungsempfängers als auch der “unechte Zuschuss” des Landes Hessen. Beide Zahlungen zusammen stellen das Entgelt i. S. v. § 10 Abs. 1 UStG und damit die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage dar.

7.3 Echter Zuschuss (Abschnitt 10.2 Abs. 7 bis 10 UStAE )

“Echte Zuschüsse” liegen vor, wenn die Zahlungen des Landes Hessen nicht auf Grund eines Leistungsaustauschverhältnisses erbracht werden. Dies ist der Fall, wenn die Zahlungen nicht an bestimmte Umsätze anknüpfen, sondern unabhängig von einer bestimmten Leistungserbringung gewährt werden.

Die Zuwendungen aus öffentlichen Kassen, die ausschließlich auf Grundlage des Haushaltsrechts und den dazu erlassenen Allgemeinen Nebenbestimmungen vergeben werden, sind in der Regel als echte Zuschüsse zu beurteilen.

Wegen der Abgrenzungskriterien, ob echte Zuschüsse oder aber ein Leistungsaustauschverhältnis vorliegen, vgl. Abschnitt 10.2 Abs. 7 bis 10 UStAE.

Zweifelsfragen sind mit den zuständigen Finanzämtern (siehe Tz. 9) zu klären.

8 Besonderheiten bei Kataster-und Landesvermessungsbehörden

Für die Abwicklung des Besteuerungsverfahrens bei den Leistungen der Kataster- und Landesvermessungsbehörden sowie der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure sind die im Erlass des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung vom 1. Oktober 2009 – I 4 -3340 -15 – enthaltenen Ausführungen zu beachten.

Leistungen bei der Wahrnehmung von Aufgaben der Landesvermessung und des Liegenschaftskatasters mit Ausnahme der Amtshilfe (vgl. § 2 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 UStG) unterliegen nur dann der Umsatzsteuer, wenn diese an Dritte erbracht werden. Demgegenüber unterliegen nach Abschnitt 2.11 Abs. 7 UStAE die diesbezüglichen unentgeltlichen Wertabgaben (z. B. Vermessungsleistungen für den Hoheitsbereich der eigenen Trägerkörperschaft) nicht der Umsatzbesteuerung.

9 Zuständiges Finanzamt als Ansprechpartner

Für Fragen, die dieses Merkblatt nicht beantwortet, stehen die Finanzämter zur Verfügung. Für das Besteuerungsverfahren ist das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bereich die Betriebe gewerblicher Art und die land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe von Bund und Ländern jeweils belegen sind.

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