BMF Schreiben vom 17. 1. 2012IV A 3 – S 0062/08/10007-12/IV C 4 – S 0171/07/0038-007
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Anwendungserlass zur AO vom 2. 1. 2008 (BStBl I 2008, 26), in der zuletzt geänderten Fassung, mit sofortiger Wirkung wie folgt geändert:
1. Nr. 5 der Regelung zu § 31a wird wie folgt gefasst:
„5. Rückgewähr einer Leistung aus öffentlichen Mitteln (§ 31a Abs. 1 Nr. 2)
Die Offenbarung ist zulässig, wenn sie für die Geltendmachung eines Anspruchs auf Rückgewähr einer Forderung aus öffentlichen Mitteln erforderlich ist. Hierunter ist sowohl die Durchsetzung, insbesondere die Vollstreckung, von nach § 31a Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb bereits festgesetzten Rückforderungen von Leistungen aus öffentlichen Mitteln, z. B. durch die für die Vollstreckung zuständigen Hauptzollämter, als auch die privatrechtliche Rückabwicklung von Leistungen oder Subventionen aus öffentlichen Mitteln durch die zuständigen Stellen zu verstehen. Eine Offenbarung ist insbesondere auch zulässig für die Rückforderung von Zahlungen der gesetzlichen Krankenkassen und Ersatzkassen gegenüber Ärzten, Zahnärzten, Apothekern und Krankenhäusern auf Grund von Abrechnungsbetrügereien. Die Mitteilungen erfolgen im Regelfall nur aufgrund einer Anfrage der zuständigen Stelle bzw. auf Anfrage des Betroffenen. Die Mitteilungen sind an die für die Vollstreckung zuständigen Stellen bzw. an die für die Rückgewährung der Leistung aus öffentlichen Mitteln zuständigen Stellen (z. B. Sozialleistungsträger, Gewährer von Fördermitteln oder Subventionsgeber) zu richten.”
2. Nr. 6 der Regelung zu § 46wird wie folgt gefasst:
„6. Für die Anzeige der Abtretung oder Verpfändung eines Erstattungs- oder Vergütungsanspruches wird der in der Anlage abgedruckte Vordruck bestimmt. Die bislang geltende Fassung des Vordrucks kann weiterhin verwendet werden, wenn in Abschnitt III Nummer 3 im Freitextfeld nach dem Wort „oder” eine kurze stichwortartige Kennzeichnung des der Abtretung zugrunde liegenden schuldrechtlichen Lebenssachverhaltes erfolgt (vgl. BFH-Urteil vom 28. 9. 2011 – VII R 52/10 – BStBl 2012 II, S. …1).”
3. Die Regelung zu § 51 wird wie folgt geändert:
a) Vor Nr. 1 wird folgende Überschrift eingefügt:
„Zu § 51 Abs. 1:”
b) Nach Nr. 6 werden folgende Überschriften sowie die neuen Nrn. 7 bis 12 angefügt:
„Zu § 51 Abs. 2:
7. Verwirklicht die Körperschaft ihre förderungswürdigen Zwecke nur außerhalb von Deutschland, setzt die Steuerbegünstigung – neben den sonstigen Voraussetzungen der §§ 51 ff. – zusätzlich den so genannten Inlandsbezug nach § 51 Abs. 2 i. d. F. des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19. 12. 2008 (BGBl. I S. 2794) voraus. Dieser liegt zum einen vor, wenn natürliche Personen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, gefördert werden. Auf die Staatsangehörigkeit der natürlichen Personen kommt es dabei nicht an.
Falls durch die Tätigkeit im Ausland keine im Inland lebenden Personen gefördert werden, ist ein Inlandsbezug gegeben, wenn die Tätigkeit der Körperschaft neben der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke auch zur Verbesserung des Ansehens Deutschlands im Ausland beitragen kann. Dabei bedarf es keiner spürbaren oder messbaren Auswirkung auf das Ansehen Deutschlands im Ausland. Bei im Inland ansässigen Körperschaften ist der mögliche Beitrag zum Ansehen Deutschlands im Ausland – ohne besonderen Nachweis – bereits dadurch erfüllt, dass sie sich personell, finanziell, planend, schöpferisch oder anderweitig an der Förderung gemeinnütziger und mildtätiger Zwecke im Ausland beteiligen (Indizwirkung). Der Feststellung der positiven Kenntnis aller im Ausland Begünstigten oder aller Mitwirkenden von der Beteiligung deutscher Organisationen bedarf es dabei nicht.
Ausländische Körperschaften können den Inlandsbezug ebenfalls erfüllen, beispielsweise indem sie ihre steuerbegünstigten Zwecke zum Teil auch in Deutschland verwirklichen oder – soweit sie nur im Ausland tätig sind – auch im Inland lebende natürliche Personen fördern, selbst wenn die Personen sich zu diesem Zweck im Ausland aufhalten. Bei der Tatbestandsalternative des möglichen Ansehensbeitrags zugunsten Deutschlands entfällt zwar bei ausländischen Körperschaften die Indizwirkung, die Erfüllung dieser Tatbestandsalternative durch ausländische Einrichtungen ist aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen.
Der nach § 51 Abs. 2 bei Auslandsaktivitäten zusätzlich geforderte Inlandsbezug wirkt sich nicht auf die Auslegung der weiteren, für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit notwendigen Voraussetzungen aus. Deren Vorliegen ist weiterhin unabhängig von der Frage, ob die Tätigkeit im In- oder Ausland ausgeübt wird, zu prüfen. Der Inlandsbezug hat somit insbesondere keine Auswirkung auf Inhalt und Umfang der in den §§ 52 bis 53 beschriebenen förderungswürdigen Zwecke. Daher können beispielsweise kirchliche Zwecke weiterhin nur zugunsten inländischer Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, verfolgt werden; andererseits kann die Förderung der Religion nach § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 wie bisher auch im Ausland erfolgen; auch kann wie bisher z. B. eine hilflose Person im Ausland unterstützt werden (§ 53 Nr. 1).
Mit der Prüfung des Inlandsbezugs selbst ist keine zusätzliche inhaltliche Prüfung der Tätigkeit der Körperschaft verbunden. Das heißt, es ist weder ein weiteres Mal zu ermitteln, ob die Körperschaft gemeinnützige oder mildtätige Zwecke i. S. d. §§ 52 und 53 fördert, noch kommt es darauf an, ob die Tätigkeit mit den im Ausland geltenden Wertvorstellungen übereinstimmt und somit nach ausländischen Maßstäben ein Beitrag zum Ansehen Deutschlands geleistet werden kann. Falls die Verfolgung der in den §§ 52 und 53 genannten förderungswürdigen Zwecke zu bejahen ist, ist daher davon auszugehen, dass eine solche Tätigkeit dem Ansehen Deutschlands im Ausland nicht entgegensteht. Der Inlandsbezug wird für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit ab Veranlagungszeitraum 2009 vorausgesetzt.
Zu § 51 Abs. 3:
8. Der Ausschluss so genannter extremistischer Körperschaften von der Steuerbegünstigung ist nunmehr in § 51 Abs. 3 gesetzlich geregelt.
9. Die Ergänzung des § 51 soll klarstellen, dass eine Körperschaft nur dann als steuerbegünstigt behandelt werden kann, wenn sie weder nach ihrer Satzung und ihrer tatsächlichen Geschäftsführung Bestrebungen im Sinne des § 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG) verfolgt noch dem Gedanken der Völkerverständigung zuwiderhandelt. § 4 BVerfSchG ist im Zusammenhang mit § 3 BVerfSchG zu lesen, der die Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder und die Voraussetzungen für ein Tätigwerden des Verfassungsschutzes festlegt. Die Aufgabe besteht in der Sammlung und Auswertung von Informationen über die in § 3 Abs. 1 BVerfSchG erwähnten verfassungsfeindlichen Bestrebungen, die § 4 BVerfSchG zum Teil definiert. So beinhaltet § 4 BVerfSchG im ersten Absatz eine Legaldefinition von Bestrebungen
a) | gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes |
b) | gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes |
c) | gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. |
Im zweiten Absatz des § 4 BVerfSchG werden die grundlegenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung aufgeführt.
Gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 ist eine Steuervergünstigung auch ausgeschlossen, wenn die Körperschaft dem Gedanken der Völkerverständigung zuwiderhandelt. Diese Regelung nimmt Bezug auf § 3 Abs. 1 Nr. 4 BVerfSchG, der wiederum auf Artikel 9 Abs. 2 Grundgesetz (gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtete Bestrebungen) sowie Artikel 26 Abs. 1 Grundgesetz (Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker) verweist.
10. Die Regelung des § 51 Abs. 3 Satz 2 gilt in allen offenen Fällen. Der Tatbestand des § 51 Abs. 3 Satz 2 ist nur bei solchen Organisationen erfüllt, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes für den zu beurteilenden Veranlagungszeitraum ausdrücklich als extremistisch eingestuft werden oder bei denen es nach einem Verfassungsschutzbericht zumindest belegbare Hinweise für eine Einstufung als extremistisch gibt. Hat das FA die Körperschaft bisher als steuerbegünstigt behandelt und wird später ein Verfassungsschutzbericht veröffentlicht, in dem die Körperschaft als extremistisch aufgeführt wird, kommt ggf. eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 in Betracht.
11. Bei Organisationen, die nicht unter § 51 Abs. 3 Satz 2 fallen, ist eine Prüfung nach § 51 Abs. 3 Satz 1 vorzunehmen (vgl. Nr. 9). Insbesondere eine Erwähnung als „Verdachtsfall” oder eine nur beiläufige Erwähnung im Verfassungsschutzbericht, aber auch sonstige Erkenntnisse bieten im Einzelfall Anlass zu weitergehenden Ermittlungen der Finanzbehörde, z. B. auch durch Nachfragen bei den Verfassungsschutzbehörden.
12. Die Finanzbehörden sind befugt und verpflichtet, den Verfassungsschutzbehörden Tatsachen i. S. d. § 51 Abs. 3 Satz 3 unabhängig davon mitzuteilen, welchen Besteuerungszeitraum diese Tatsachen betreffen.”
4. Die Regelung zu § 52 wird wie folgt geändert:
a) In Nr. 2 wird der zweite Abs. gestrichen.
b) Nach Nr. 2 wird folgende neue Nr. 2.1 eingefügt:
„2.1 Jugendliche i. S. d. § 52 Abs. 2 Nr. 4 bzw. des § 68 Nr. 1 Buchstabe b sind alle Personen vor Vollendung des 27. Lebensjahres.”
c) Die bisherigen Nrn. 2.1 bis 2.5 werden die neuen Nrn. 2.2 bis 2.6.
d) Nr. 6 Satz 3 wird wie folgt gefasst:
„Dagegen sind Skat (BFH-Urteil vom 17. 2. 2000 – I R 108, 109/98 – BFH/NV S. 1071² Bridge, Gospiel, Gotcha, Paintball und Tipp-Kick kein Sport i. S. d. Gemeinnützigkeitsrechts.
e) Die bisherige Nr. 16 wird gestrichen.
5. Die Regelung zu § 53 wird wie folgt geändert:
a) Nach Nr. 8 wird folgende neue Nr. 9 eingefügt:
„9. Als Vermögen, das zur nachhaltigen Verbesserung des Unterhalts ausreicht und dessen Verwendung für den Unterhalt zugemutet werden kann (§ 53 Nr. 2 Satz 2), ist in der Regel ein Vermögen mit einem gemeinen Wert (Verkehrswert) von mehr als 15 500 € anzusehen. Dabei bleiben außer Ansatz:
– | Vermögensgegenstände, deren Veräußerung offensichtlich eine Verschleuderung bedeuten würde oder die einen besonderen Wert, z. B. Erinnerungswert, für die unterstützte Person haben oder zu seinem Hausrat gehören |
– | ein angemessenes Hausgrundstück im Sinne des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII, das die unterstützte Person allein oder zusammen mit Angehörigen, denen es nach dem Tod der unterstützten Person weiter als Wohnraum dienen soll, bewohnt. |
Die Grenze bezieht sich auch bei einem Mehrpersonenhaushalt auf jede unterstützte Person. H 33a.1 (Geringes Vermögen – ‚Schonvermögen‘) EStH 2010 gilt entsprechend.”
b) Die bisherige Nr. 9 wird neue Nr. 10 und deren Satz 3 wird wie folgt gefasst:
„Eine Berechnung der maßgeblichen Einkünfte und Bezüge sowie eine Berechnung des Vermögens sind stets beizufügen.”
6. Die Regelung zu § 55 wird wie folgt geändert:
a) Nr. 2 wird gestrichen.
b) Die bisherigen Nrn. 3 bis 21 werden die neuen Nrn. 2 bis 20.
c) Nach der neuen Nr. 20 wird folgende neue Nr. 21 eingefügt:
„21. Eine Unternehmergesellschaft im Sinne des § 5a Abs. 1 GmbHG i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. 10. 2008 (BGBl. I S. 2026) ist nach § 5a Abs. 3 GmbHG i. d. F. des MoMiG gesetzlich verpflichtet, von ihrem um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschuss bis zum Erreichen des Stammkapitals von 25 000 € mindestens 25 % in eine gesetzliche Rücklage einzustellen. Mit der Bildung dieser Rücklage verstößt die Unternehmergesellschaft grundsätzlich nicht gegen das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung.”
d) Der Nr. 22 wird folgender Satz angefügt:
„Eingezahlte Kapitalanteile i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 2 und 4 liegen nicht vor, soweit für die Kapitalerhöhung Gesellschaftsmittel verwendet wurden (z. B. nach § 57c GmbHG).”
e) Nach Nr. 22 werden folgende neue Überschrift und folgende neue Nr. 23 eingefügt:
„Zu § 55 Abs. 1 Nr. 3:
23. Bei Vorstandsmitgliedern von Vereinen sind Tätigkeitsvergütungen gemeinnützigkeitsrechtlich nur zulässig, wenn eine entsprechende Satzungsregelung besteht. Zu Einzelheiten bei Zahlungen an den Vorstand steuerbegünstigter Vereine siehe BMF-Schreiben vom 14. 10. 2009 – IV C 4 – S 2121/07/0010 – BStBl I S. 1318³.
Diese Regelung gilt für Stiftungen entsprechend.”
f) Die bisherige Nr. 23 wird neue Nr. 24; in deren Abs. 2 wird Satz 2 wie folgt gefasst:
„Die satzungsmäßigen Anforderungen an die Vermögensbindung sind in § 61 geregelt.”
g) Die bisherige Nr. 24 wird neue Nr. 25 und deren Sätze 2 und 3 werden durch folgenden neuen Satz ersetzt:
„Als Empfänger des Vermögens der Körperschaft kommen neben inländischen Körperschaften auch die in § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG aufgeführten Körperschaften in Betracht.”
h) Die bisherigen Nrn. 25 bis 29 werden die neuen Nrn. 26 bis 30.
i) Die bisherige Nr. 30 wird neue Nr. 31 und in deren Satz 1 wird die Angabe „§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 5 EStG” durch die Angabe „§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG” ersetzt.
7. Die Regelung zu § 56 wird wie folgt geändert:
a) Es wird folgende Nr. 1 vorangestellt:
„1. Das Ausschließlichkeitsgebot des § 56 besagt, dass eine Körperschaft nicht steuerbegünstigt ist, wenn sie neben ihrer steuerbegünstigten Zielsetzung weitere Zwecke verfolgt und diese Zwecke nicht steuerbegünstigt sind. Im Zusammenhang mit der Vermögensverwaltung und wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben, die Nicht-Zweckbetriebe sind, folgt daraus, dass deren Unterhaltung der Steuerbegünstigung einer Körperschaft entgegensteht, wenn sie in der Gesamtschau zum Selbstzweck wird und in diesem Sinne neben die Verfolgung des steuerbegünstigten Zwecks der Körperschaft tritt. Die Vermögensverwaltung sowie die Unterhaltung eines Nicht-Zweckbetriebs sind aus der Sicht des Gemeinnützigkeitsrechts nur dann unschädlich, wenn sie um des steuerbegünstigten Zwecks willen erfolgen, indem sie z. B. der Beschaffung von Mitteln zur Erfüllung der steuerbegünstigten Aufgabe dienen. Ist die Vermögensverwaltung bzw. der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb dagegen nicht dem steuerbegünstigten Zweck untergeordnet, sondern ein davon losgelöster Zweck oder gar Hauptzweck der Betätigung der Körperschaft, so scheitert deren Steuerbegünstigung an § 56. In einem solchen Fall kann die Betätigung der Körperschaft nicht in einen steuerfreien und in einen steuerpflichtigen Teil aufgeteilt werden; vielmehr ist dann die Körperschaft insgesamt als steuerpflichtig zu behandeln. Bei steuerbegünstigten Körperschaften, insbesondere Mittelbeschaffungskörperschaften, die sich im Rahmen ihrer tatsächlichen Geschäftsführung an die in ihrer Satzung enthaltene Pflicht zur Verwendung sämtlicher Mittel für die satzungsmäßigen Zwecke halten, ist das Ausschließlichkeitsgebot selbst dann als erfüllt anzusehen, wenn sie sich vollständig aus Mitteln eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs oder aus der Vermögensverwaltung finanzieren. Auf das BFH-Urteil vom 4. 4. 2007 – I R 76/05 – BStBl II, S. 631^4, wird hingewiesen.
b) Die bisherige Regelung wird neue Nr. 2 und deren Satz 1 wird wie folgt gefasst:
„Eine Körperschaft darf mehrere steuerbegünstigte Zwecke nebeneinander verfolgen, ohne dass dadurch die Ausschließlichkeit verletzt wird.”
8. Nr. 2 der Regelung zu § 57 wird wie folgt geändert:
a) Satz 4 wird wie folgt gefasst:
„Die Körperschaft hat durch Vorlage entsprechender Vereinbarungen nachzuweisen, dass sie den Inhalt und den Umfang der Tätigkeit der Hilfsperson im Innenverhältnis bestimmen kann.”
b) Sätze 5 und 6 werden gestrichen.
c) Nach dem neuen Satz 8 wird folgender neuer Satz 9 in einem neuen Absatz eingefügt:
„Die Steuerbegünstigung einer Hilfsperson ist nicht ausgeschlossen, wenn die Körperschaft mit ihrer Hilfspersonentätigkeit nicht nur die steuerbegünstigte Tätigkeit einer anderen Körperschaft unterstützt, sondern zugleich eigene steuerbegünstigte Satzungszwecke verfolgt.”
d) Der neue Satz 10 wird wie folgt gefasst:
„Keine Hilfspersonentätigkeit, sondern eine eigene unmittelbare Tätigkeit, liegt auch dann vor, wenn der auftraggebenden Person dadurch nicht nach § 57 Abs. 1 Satz 2 die Gemeinnützigkeit vermittelt wird, z. B. Tätigkeiten im Auftrag von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (Hoheitsbereich), voll steuerpflichtigen Körperschaften oder natürlichen Personen.”
e) Der bisherige Satz 12 wird gestrichen:
9. Die Regelung zu § 58 wird wie folgt geändert:
a) Nr. 2 wird wie folgt gefasst:
„2. Die teilweise (nicht überwiegende) Weitergabe eigener Mittel (auch Sachmittel) ist unschädlich. Als Mittelempfänger kommen in Betracht:
– | inländische steuerbegünstigte Körperschaften |
– | die in § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG aufgeführten Körperschaften |
– | juristische Personen des öffentlichen Rechts. |
Ausschüttungen und sonstige Zuwendungen einer steuerbegünstigten Körperschaft sind unschädlich, wenn die Gesellschafter oder Mitglieder als Begünstigte ausschließlich steuerbegünstigte Körperschaften sind. Entsprechendes gilt für Ausschüttungen und sonstige Zuwendungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts, die die Mittel für steuerbegünstigte Zwecke verwenden.”
b) Nr. 10 wird wie folgt geändert:
aa) Nach Satz 6 werden die neuen Sätze 7 bis 12 als neuer Absatz eingefügt:
„Unter diesen Voraussetzungen ist auch eine Wiederbeschaffungsrücklage für Grundstücke, Fahrzeuge und andere Wirtschaftsgüter, für deren Anschaffung die laufenden Einnahmen nicht ausreichen, zulässig. Daraus folgt aber nicht, dass Mittel in Höhe der Abschreibungen generell einer Rücklage nach § 58 Nr. 6 zugeführt werden dürfen. Vielmehr ist es erforderlich, dass tatsächlich eine Neuanschaffung des einzelnen Wirtschaftsguts geplant und in einem angemessenen Zeitraum möglich ist. Eine Einstellung von Mitteln in Höhe der Abschreibungen in die Rücklage wäre z. B. dann nicht gerechtfertigt, wenn ein Fuhrpark verkleinert oder ein Gebäude während unabsehbar langer Zeit nicht durch einen Neubau ersetzt werden soll. Die Zuführung von Mitteln in
Höhe der Abschreibungen dürfte z. B. dann nicht ausreichen, wenn das vorhandene Wirtschaftsgut entweder frühzeitig oder durch ein besseres, größeres und teureres Wirtschaftsgut ersetzt werden soll. Die Zuführung dürfte z. B. dann überhöht sein, wenn die steuerlich zulässigen (Sonder-) Abschreibungen nicht mit dem tatsächlichen Wertverlust übereinstimmen.”
bb) Der bisherige Satz 7 wird zum neuen Satz 13 und als neuer Abs. angefügt.
10. Die Regelung zu § 60 wird wie folgt geändert:
a) In Nr. 1 wird Satz 3 gestrichen.
b) Nr. 2 wird wie folgt gefasst:
„2. Die Satzung muss die in der Mustersatzung bezeichneten Festlegungen enthalten, soweit sie für die jeweilige Körperschaft im Einzelfall einschlägig sind.
Unter anderem sind in folgenden Fällen Abweichungen vom Wortlaut der Mustersatzung möglich:
a) | Bei Mittelbeschaffungskörperschaften (§ 58 Nr. 1) kann entgegen § 1 der Mustersatzung auf das Gebot der Unmittelbarkeit verzichtet werden (vgl. Nr. 1 zu § 59). |
b) | Insbesondere bei Stiftungen ist der in § 3 der Mustersatzung verwendete Begriff ‚Mitglieder‘ durch eine andere geeignete Formulierung zu ersetzen (vgl. § 55 Abs. 3). |
c) | Körperschaften, deren Gesellschafter oder Mitglieder steuerbegünstigte Körperschaften sind und/oder juristische Personen des öffentlichen Rechts, die die Mittel für steuerbegünstigte Zwecke verwenden, können auf die Regelung in § 3 Satz 2 der Mustersatzung verzichten. |
d) | § 5 der Mustersatzung kann in Satzungen von Vereinen ohne die Formulierung ‚Aufhebung‘ verwendet werden. |
Derselbe Aufbau und dieselbe Reihenfolge der Bestimmungen wie in der Mustersatzung werden nicht verlangt.”
c) Folgende neue Nr. 3 wird eingefügt:
„3. Die Bestimmung, dass die Satzung die in der Mustersatzung bezeichneten Festlegungen enthalten muss (§ 60 Abs. 1 Satz 2), gilt für Körperschaften, die nach dem 31. 12. 2008 gegründet werden oder die ihre Satzung mit Wirkung nach diesem Zeitpunkt ändern. Die Satzung einer Körperschaft, die bereits vor dem 1. 1. 2009 bestanden hat, braucht nicht allein zur Anpassung an die Festlegungen in der Mustersatzung geändert werden.”
d) Die bisherige Nr. 3 wird neue Nr. 4.
e) Die bisherige Nr. 4 wird neue Nr. 5 und die Angabe „Anlage 2” wird durch die Angabe „Anlage zu Nr. 5 zu § 60” ersetzt.
f) Die bisherigen Nrn. 5 und 6 werden die neuen Nrn. 6 und 7.
g) Nach der neuen Nr. 7 werden die Überschrift „Anlage 1 zu § 60” und der Text der Mustersatzung gestrichen sowie die Überschrift „Anlage 2 zu § 60” geändert in „Anlage zu Nr. 5 zu § 60.”
11. Die Regelung zu § 61 wird wie folgt geändert:
a) In Nr. 1 wird Satz 2 wie folgt gefasst:
„Als Empfänger des Vermögens kommen in Betracht:
– | inländische steuerbegünstigte Körperschaften, |
– | die in § 5 Abs. 2 Nummer 2 KStG aufgeführten Körperschaften, |
– | juristische Personen des öffentlichen Rechts.” |
b) Die Nr. 3 wird gestrichen.
c) Die bisherigen Nrn. 4 bis 9 werden die neuen Nrn. 3 bis 8.
12. Die Regelung zu § 62 wird aufgehoben.
13. Die Regelung zu § 63 wird wie folgt geändert:
a) In Nr. 3 Satz 1 wird der Klammerzusatz „(vgl. zu § 52, Nr. 16)” gestrichen.
b) In Nr. 3 werden nach Satz 2 folgende neue Sätze 3 und 4 angefügt:
„Die verfassungsmäßige Ordnung wird schon durch die Nichtbefolgung von polizeilichen Anordnungen durchbrochen (BFH-Urteil vom 29. 8. 1984, BStBl 1985 II, S. 106^5).
Gewaltfreier Widerstand, z. B. Sitzblockaden, gegen geplante Maßnahmen des Staates, verstößt grundsätzlich nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung (vgl. BVerfG-Beschluss vom 10. 1. 1995 – 1 BvR 718/89, 1 BvR 719/89, 1 BvR 722/89, 1 BvR 723/89 – BVerfGE 92, 1-25^6).”
14. Die Regelung zu § 64 wird wie folgt geändert:
a) In Nr. 3 wird nach Satz 7 folgender neuer Satz 8 angefügt:
„Dies gilt aber nur insoweit, als die überlassenen wesentlichen Betriebsgrundlagen bei dem Betriebsunternehmen nicht in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eingesetzt werden.”
b) Nr. 10 wird wie folgt geändert:
aa) Nach Satz 1 wird folgender Satz 2 eingefügt:
„Dies ist z. B. der Fall, wenn die Körperschaft dem Sponsor das Recht einräumt, in einem von ihr herausgegebenen Publikationsorgan Werbeanzeigen zu schalten, einschlägige sponsorbezogene Themen darzustellen und bei Veranstaltungen der Körperschaft deren Mitglieder über diese Themen zu informieren und dafür zu werben (vgl. BFH-Urteil vom 7. 11. 2007 – I R 42/06 -, BStBl 2008 II, S. 949^7)”
bb) Die bisherigen Sätze 2 und 3 werden die neuen Sätze 3 und 4.
c) In Nr. 25 wird am Ende des Satzes 3 folgender Klammerzusatz eingefügt:
„(vgl. BFH-Urteil vom 11. 2. 2009 – I R 73/08 – BStBl II, S. 516^8)”
15. Die Regelung zu § 65 wird wie folgt geändert:
a) In Nr. 3 wird folgender neuer Satz 3 angefügt:
„Dies ist zum Beispiel nicht der Fall beim Betrieb einer Beschaffungsstelle (zentraler Ein- und Verkauf von Ausrüstungsgegenständen, Auftragsbeschaffung, etc.), da dieser weder unentbehrlich noch das einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks ist.”
b) In Nr. 4 wird Satz 2 durch die folgenden neuen Sätze 2 und 3 ersetzt; der bisherige Satz 3 wird neuer Satz 4:
„Wettbewerb i. S. d. § 65 Nr. 3 setzt nicht voraus, dass die Körperschaft auf einem Gebiet tätig ist, in der sie tatsächlich in Konkurrenz zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlicher Art tritt. Der Sinn und Zweck des § 65 Nr. 3 liegt in einem umfänglichen Schutz des Wettbewerbs, der auch den potentiellen Wettbewerb umfasst (vgl. BFH-Urteile vom 27. 10. 1993 – I R 60/91 – BStBl 1994 II, S. 573^9 und vom 29.1.2009 – V R 46/06 – BStBl II S. 560^10).”
16. Die Regelung zu § 66 wird wie folgt geändert:
a) Nr. 6 wird wie folgt geändert:
aa) Nach Satz 1 werden die folgenden neuen Sätze 2 und 3 eingefügt:
„Die steuerbegünstigten Körperschaften üben ihren Rettungsdienst und Krankentransport entgegen der Annahme des BFH in seinem Beschluss vom 18. 9. 2007 – I R 30/06; BStBl 2009 II, S. 126 – regelmäßig nicht des Erwerbs wegen und zur Beschaffung zusätzlicher Mittel aus, sondern verfolgen damit ihren satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zweck der Sorge für Not leidende oder gefährdete Menschen. Sind die übrigen Voraussetzungen erfüllt, können deshalb auch Leistungen wie der Krankentransport und der Rettungsdienst, die Wohlfahrtsverbände zu denselben Bedingungen wie private gewerbliche Unternehmen anbieten, begünstigte Einrichtungen der Wohlfahrtspflege sein.”
bb) Der bisherige Satz 2 wird neuer Satz 4.
b) Nach Nr. 6 wird folgende neue Nr. 7 eingefügt.
„Werden die Leistungen unter gleichen Bedingungen sowohl gegenüber hilfsbedürftigen als auch nicht hilfsbedürftigen Personen erbracht, ist ein einheitlicher wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ‚Einrichtung der Wohlfahrtspflege‘ anzunehmen. Dieser ist als Zweckbetrieb zu behandeln, wenn die 2/3-Grenze des § 66 erfüllt wird.”
c) Die bisherige Nr. 7 wird neue Nr. 8.
d) Die bisherige Nr. 8 wird gestrichen.
17. Die Regelung zu § 67a wird wie folgt geändert:
a) In Nr. 11 wird nach Satz 1 folgender Satz 2 angefügt:
„Zur Vermietung öffentlicher Schwimmbäder an Schwimmvereine und zur Nutzung durch Schulen für den Schwimmunterricht siehe Nr. 13.”
b) Nach Nr. 12 wird folgende neue Nr. 13 eingefügt:
„13. Durch den Betrieb eines öffentlichen Schwimmbades werden gemeinnützige Zwecke (öffentliche Gesundheitspflege und Sport) unabhängig davon gefördert, ob das Schwimmbad von einem Verein oder von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts als Betrieb gewerblicher Art unterhalten wird.
Die verschiedenen Tätigkeiten eines gemeinnützigen Schwimmvereins sind wie folgt zu beurteilen:
a) Schulschwimmen
Die Vermietung des Schwimmbads auf längere Dauer an die Träger der Schulen ist als Vermögensverwaltung anzusehen. Eine Vermietung auf längere Dauer ist in Anlehnung an Abschnitt 4.12.3 Absatz 2 UStAE bei stundenweiser Nutzungsmöglichkeit des Schwimmbads durch die Schulen anzunehmen, wenn die Nutzung mehr als ein Schulhalbjahr (mindestens sechs Monate) erfolgt. Unselbständige Nebenleistungen des Vereins, wie Reinigung des Schwimmbads, gehören mit zur Vermögensverwaltung.
b) Vereinsschwimmen
Das Vereinsschwimmen und die Durchführung von Schwimmkursen sind nach Maßgabe des § 67a Zweckbetriebe (sportliche Veranstaltungen). Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Teilnehmer an den Schwimmkursen Mitglieder des Vereins oder Vereinsfremde sind.
c) Jedermannschwimmen
Das Jedermannschwimmen ist insgesamt als Zweckbetrieb i. S. d. § 65 anzusehen, wenn die nicht unmittelbar dem Schwimmen dienenden Angebote (zum Beispiel Sauna, Solarium) von untergeordneter Bedeutung sind. Schwimmbäder, die danach als Zweckbetriebe begünstigt sind, stehen in keinem schädlichen Wettbewerb zu steuerpflichtigen Schwimmbädern (§ 65 Nr. 3), weil sie i. d. R. anders strukturiert sind (so genannte Spaßbäder) und sich ihre Angebote erheblich von dem im Wesentlichen auf das Schwimmen begrenzten Angebot der Vereinsschwimmbäder unterscheiden.”
c) Die bisherigen Nrn. 13 bis 27 werden die neuen Nrn. 14 bis 28.
d) In Satz 5 der neuen Nr. 28 wird die Angabe „(vgl. Nr. 31)” durch die Angabe „(vgl. Nr. 32)” ersetzt.
e) Die bisherigen Nrn. 28 und 29 werden die neuen Nrn. 29 und 30.
f) In Satz 2 der neuen Nr. 30 wird die Angabe „Nr. 27” durch die Angabe „Nr. 28” ersetzt.
g) Die bisherige Nr. 30 wird neue Nr. 31.
h) In Satz 2 der neuen Nr. 31 wird die Angabe „Nr. 37” durch die Angabe „Nr. 38” ersetzt.
i) Die bisherigen Nrn. 31 bis 35 werden die neuen Nrn. 32 bis 36.
j) In Satz 2 der neuen Nr. 36 wird die Angabe „Nr. 31” durch die Angabe „Nr. 32” ersetzt.
k) Die bisherige Nr. 36 wird neue Nr. 37.
l) In Satz 2 der neuen Nr. 37 wird die Angabe „(vgl. Nr. 29)” durch die Angabe „(vgl. Nr. 30)” ersetzt.
m) Die bisherigen Nrn. 37 bis 39 werden die die Nrn. 38 bis 40.
n) In Satz 6 der neuen Nr. 40 wird die Angabe „vgl. Nrn. 16 und 18” durch die Angabe „vgl. Nrn. 17 und 19” ersetzt.
18. Die Regelung zu § 68 wird wie folgt geändert:
a) In Nr. 4 wird Satz 1 durch folgende neue Sätze ersetzt:
„Von § 68 Nr. 2 Buchstabe b werden nur solche Selbstversorgungseinrichtungen umfasst, die den darin genannten Handwerksbetrieben vergleichbar sind. Werden auch Leistungen gegenüber Außenstehenden erbracht, sind nur solche Einrichtungen der steuerbegünstigten Körperschaft begünstigt, die nicht regelmäßig ausgelastet sind und deshalb gelegentlich auch Leistungen an Außenstehende erbringen, nicht aber solche, die über Jahre hinweg Leistungen an Außenstehende ausführen und hierfür auch personell entsprechend ausgestattet sind (vgl. BFH-Urteil vom 29. 1. 2009 – V R 46/06 – BStBl II, S. 560^11 und BMF-Schreiben vom 12.4.2011 – IV C 4 – S 0187/09/10005:001 – BStBl I S. 538^12). Außenstehende im Sinne dieser Regelung sind auch Arbeitnehmer der Körperschaft.”
b) Nr. 5 wird wie folgt gefasst:
„5. Der Begriff ‚Werkstatt für behinderte Menschen‘ bestimmt sich nach § 136 Sozialgesetzbuch – Neuntes Buch – (SGB IX). Werkstätten für behinderte Menschen bedürfen der förmlichen Anerkennung. Anerkennungsbehörde ist die Bundesagentur für Arbeit, die im Einvernehmen mit dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe über die Anerkennung einer Einrichtung als Werkstatt für behinderte Menschen durch Anerkennungsbescheid entscheidet (§ 142 SGB IX).
Läden oder Verkaufsstellen von Werkstätten für behinderte Menschen sind grundsätzlich als Zweckbetriebe zu behandeln, wenn dort Produkte verkauft werden, die von der – den Laden oder die Verkaufsstelle betreibenden – Werkstatt für behinderte Menschen oder einer anderen Werkstatt für behinderte Menschen i. S. d. § 68 Nr. 3a hergestellt worden sind. Werden von dem Laden oder der Verkaufsstelle der Werkstatt für behinderte Menschen auch zugekaufte Waren, die nicht von ihr oder von anderen Werkstätten für behinderte Menschen hergestellt worden sind, weiterverkauft, liegt insoweit ein gesonderter steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor.
Zu den Zweckbetrieben gehören auch die von den Trägern der Werkstätten für behinderte Menschen betriebenen Kantinen, weil die besondere Situation der behinderten Menschen auch während der Mahlzeiten eine Betreuung erfordert.”
c) Nr. 6 wird wie folgt gefasst:
„6. Integrationsprojekte i. S. d. § 132 SGB IX sind rechtlich und wirtschaftlich selbständige Unternehmen (Integrationsunternehmen) oder unternehmensinterne oder von öffentlichen Arbeitgebern im Sinne des § 73 Abs. 3 SGB IX geführte Betriebe (Integrationsbetriebe) oder Abteilungen (Integrationsabteilungen) zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen, deren Teilhabe an einer sonstigen Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufgrund von Art oder Schwere der Behinderung oder wegen sonstiger Umstände voraussichtlich auf besondere Schwierigkeiten stößt. Während Integrationsprojekte i. S. d. § 132 SGB IX mindestens 25 % und höchstens 50 % besonders betroffene schwerbehinderte Menschen beschäftigen sollen, um sozialrechtlich als Integrationsprojekt anerkannt werden zu können, bedarf es für die steuerliche Eignung als Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 3 Buchstabe c einer Beschäftigungsquote von mindestens 40 % dieser Personengruppe. Für Integrationsprojekte wird anders als bei Werkstätten für behinderte Menschen kein förmliches Anerkennungsverfahren durchgeführt. Als Nachweis für die Eigenschaft als Integrationsprojekt dient der Bescheid des zuständigen Integrationsamtes über erbrachte Leistungen nach § 134 SGB IX
(Leistungsbescheid). Zusätzlich ist für die steuerliche Beurteilung als Integrationsprojekt nach § 68 Nr. 3 Buchstabe c eine Beschäftigungsquote von mindestens 40 % der o. g. Personengruppe nachzuweisen.”
d) Nach Nr. 6 wird folgende neue Nr. 7 eingefügt:
„7. Zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten für (schwer-)behinderte Menschen schaffen Handelsbetriebe, die als wohnortnahe Einzelhandelsgeschäfte beispielsweise mit einem Lebensmittelvollsortiment und entsprechendem Einsatz von Fachpersonal betrieben werden. Mit dieser Beschäftigungsform soll behinderten Menschen eine Möglichkeit zur Teilhabe am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch außerhalb von Werkstätten für behinderte Menschen geboten werden.
Handelsbetriebe, die keine Läden oder Verkaufsstellen von Werkstätten für behinderte Menschen i. S. d. Nr. 5 darstellen, können als Integrationsprojekt (vgl. Nr. 6) oder als zusätzlicher Arbeitsbereich, zusätzlicher Betriebsteil oder zusätzliche Betriebsstätte einer (anerkannten) Werkstatt für behinderte Menschen gegründet werden. Im letzteren Fall muss die Werkstatt für behinderte Menschen bei den Anerkennungsbehörden (§ 142 SGB IX) die Erweiterung der anerkannten Werkstatt um den zusätzlichen Arbeitsbereich, den Betriebsteil oder die zusätzliche Betriebsstätte ‚Handelsbetrieb‘ anzeigen und um deren Einbeziehung in die Anerkennung nach § 142 SGB IX ersuchen. Die Anerkennungsbehörden prüfen, ob die anerkannte Werkstatt für behinderte Menschen auch mit einer solchen Erweiterung insgesamt noch die Anerkennungsvoraussetzungen als Werkstatt für behinderte Menschen nach § 142 SGB IX erfüllt.
Handelsbetriebe, die von den Sozialbehörden als Integrationsprojekte gefördert werden, stellen grundsätzlich einen steuerbegünstigten Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 3 Buchstabe c dar, wenn die Beschäftigungsquote von 40 % der Personengruppe erreicht ist.
Die von den Sozialbehörden vorgenommene sozialrechtliche Einordnung dieser Handelsbetriebe als Teil einer Werkstatt für behinderte Menschen (§ 68 Nr. 3 Buchstabe a) oder als Integrationsprojekt (§ 68 Nr. 3 Buchstabe c) soll von der zuständigen Finanzbehörde regelmäßig übernommen werden. Dem zuständigen FA obliegt aber die abschließende rechtsverbindliche Entscheidung im Einzelfall. Dabei kommt den Bescheiden der Sozialbehörden (Anerkennungsbescheid nach § 142 SGB IX bzw. Bescheid über erbrachte Leistungen nach § 134 SGB IX) grundsätzlich Tatbestandswirkung zu. Die Bescheide stellen aber keine Grundlagenbescheide i. S. v. § 171 Abs. 10 dar.”
e) Die bisherigen Nrn. 7 bis 9 werden die neuen Nrn. 8 bis 10.
f) In der neuen Nr. 10 wird in Satz 1 das Wort „Tombola” durch das Wort „Ausspielung” ersetzt.
g) Die bisherige Nr. 10 wird neue Nr. 11.
h) In der neuen Nr. 11 wird in Satz 2 das Wort „Tombola” durch das Wort „Ausspielung” ersetzt.
i) Die bisherigen Nrn. 11 bis 13 werden die neuen Nrn. 12 bis 14.
j) Die bisherige Nr. 14 wird neue Nr. 15 und wie folgt gefasst:
„15. Auf das BMF-Schreiben vom 22. 9. 1999 (^13 BStBl I, S. 944^14) wird verwiesen. Abweichend von Tz. I.5 letzter Satz des genannten BMF-Schreibens kann bei einer Forschungseinrichtung, auf die § 68 Nr. 9 anzuwenden ist, deren Träger die Finanzierungsvoraussetzungen der Vorschrift jedoch nicht erfüllt, nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass sie in erster Linie igenwirtschaftliche Zwecke verfolgt. Nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 4. 4. 2007 – I R 76/05 – BStBl II, S. 631^15 ist unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob sich die Auftragsforschung von der steuerbegünstigten Tätigkeit trennen lässt. Ist in diesem Fall die Auftragsforschung von untergeordneter Bedeutung, kann der Träger der Einrichtung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG gleichwohl steuerbefreit sein und die Auftragsforschung lediglich einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 64) darstellen. Die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG geht nur dann verloren, wenn die Auftragsforschung als eigenständiger Zweck neben die Eigenforschung (Grundlagenforschung) tritt und somit gegen das Gebot der Ausschließlichkeit des § 56 verstoßen wird.”
19. Die Regelung zu § 89 wird wie folgt geändert:
a) Die Überschrift der Nr. 4 wird wie folgt gefasst:
„4. Gebühren für die Bearbeitung von Anträgen auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft (§ 89 Abs. 3 bis 7)”
b) Nr. 4.1.1 wird wie folgt gefasst:
„4.1.1 § 89 Abs. 3 bis 7 in der Fassung des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1. 11. 2011 (BGBl. I S. 2131) ist erstmals auf Anträge anzuwenden, die nach dem 4. 11. 2011 bei der zuständigen Finanzbehörde eingegangen sind (Art. 97 § 25 EGAO). Für Anträge, die nach dem 18. 12. 2006 und vor dem 5. 11. 2011 bei der zuständigen Finanzbehörde eingegangen sind, richtet sich die Gebührenerhebung nach § 89 Abs. 3 bis 5 in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. 12. 2006 (BGBl. I S. 2878).”
c) Nr. 4.2.4 wird wie folgt gefasst:
„4.2.4 Der Gegenstandswert ist in entsprechender Anwendung des § 39 Abs. 2 GKG auf 30 Mio. € begrenzt (§ 89 Abs. 5 Satz 2). Die Gebühr beträgt damit höchstens 91 456 €. Beträgt der Gegenstandswert weniger als 10 000 €, wird keine Gebühr erhoben (§ 89 Abs. 5 Satz 3).”
d) Nr. 4.3.1 wird wie folgt gefasst:
„4.3.1 Beziffert der Ast. den Gegenstandswert nicht und ist der Gegenstandswert auch nicht durch Schätzung bestimmbar, ist eine Zeitgebühr zu berechnen (§ 89 Abs. 6 Satz 1 1. Halbsatz). Die Zeitgebühr beträgt 50 € je angefangene halbe Stunde Bearbeitungszeit (§ 89 Abs. 6 Satz 1 2. Halbsatz). Beträgt bei der Gebührenbemessung nach dem Zeitwert die Bearbeitungszeit weniger als zwei Stunden, wird keine Gebühr erhoben (§ 89 Abs. 6 Satz 2).”
e) Nrn. 4.5.1 und 4.5.2 werden wie folgt gefasst:
„4.5.1 Die Gebühr nach § 89 Abs. 3 bis 6 entsteht auch für die Bearbeitung eines Antrags auf verbindliche Auskunft, der die formalen Voraussetzungen nicht erfüllt (Beispiel: der Antrag beinhaltet keine ausführliche Darlegung des Rechtsproblems oder keine eingehende Begründung des Rechtsstandpunkts des Antragstellers). Vor einer Ablehnung eines Antrags aus formalen Gründen hat die Finanzbehörde den Antragsteller auf diese Mängel und auf die Möglichkeit der Ergänzung oder Rücknahme des Antrags hinzuweisen.
4.5.2 Wird ein Antrag vor Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag auf verbindliche Auskunft zurückgenommen, kann die Gebühr ermäßigt werden (§ 89 Abs. 7 Satz 2). Hierbei ist wie folgt zu verfahren:
– | Hat die Finanzbehörde noch nicht mit der Bearbeitung des Antrags begonnen, ist die Gebühr auf Null zu ermäßigen. In diesem Fall kann aus Vereinfachungsgründen bereits von der Erteilung eines Gebührenbescheides abgesehen werden. |
– | Hat die Finanzbehörde bereits mit der Bearbeitung des Antrags begonnen, ist der bis zur Rücknahme des Antrags angefallene Bearbeitungsaufwand angemessen zu berücksichtigen und die Gebühr anteilig zu ermäßigen.” |
20. In der Regelung zu § 150 werden die Worte „vgl. BMF-Schreiben vom 27. 12. 1999, BStBl I, S. 1049“^16 durch die Worte „vgl. BMF-Schreiben vom 11. 03. 2011, BStBl I, S. 247“ ^17 ersetzt.
21. Die Regelung zu § 163 wird wie folgt gefasst:
„Zu § 163 – Abweichende Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgründen:
1. § 163 regelt Billigkeitsmaßnahmen im Festsetzungsverfahren. Billigkeitsmaßnahmen im Erhebungsverfahren regelt § 227. Die Unbilligkeit kann sich aus sachlichen oder aus persönlichen Gründen ergeben.
2. Ein Antrag auf eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 kann auch nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung oder der entsprechenden gesonderten Feststellung gestellt werden.
3. Die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 stellt auch dann einen selbständigen Verwaltungsakt dar, wenn sie mit der Steuerfestsetzung oder der entsprechenden gesonderten Feststellung verbunden wird. Sie ist Grundlagenbescheid für den entsprechenden Steuer- oder Feststellungsbescheid (§ 171 Abs. 10). Wird eine Billigkeitsmaßnahme erst nach Erlass des hiervon betroffenen Steuer- oder Feststellungsbescheids getroffen, muss dieser Bescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 entsprechend angepasst werden.
4. Bei der Ermessensentscheidung ist der Zeitraum zwischen Entstehung des Steueranspruchs und der Antragstellung zu berücksichtigen. Es ist regelmäßig ermessensgerecht, eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 abzulehnen, sobald für den Folgebescheid die Festsetzungs- oder Feststellungsfrist abgelaufen ist (BFH-Urteil vom 17. 3. 1987 – VII R 26/84 – BFH/NV 1987, S. 620).
Eine Billigkeitsmaßnahme kann ausnahmsweise auch nach diesem Zeitpunkt getroffen werden, wenn der ihr zugrunde liegende Antrag vor Ablauf der Festsetzungs- oder Feststellungsfrist gestellt worden war.
5. Wegen der Auswirkungen einer Billigkeitsmaßnahme bei den Steuern vom Einkommen auf die Gewerbesteuer Hinweis auf § 184 Abs. 2. Danach ist die niedrigere Festsetzung eines Messbetrags nach § 163 Abs. 1 Satz 1 nicht zulässig, wenn die Voraussetzungen dafür nicht in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung oder einer obersten Landesfinanzbehörde festgelegt sind.
6. Zum Einspruchsverfahren gegen die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme vgl. zu § 347, Nr. 4.”
22. Nr. 8 der Regelung vor § 172 – 177 wird wie folgt geändert:
a) | Im zweiten Abs. wird die Angabe „§ 13 Abs. 2 Satz 3, § 36b Abs. 3 Satz 2 EStG” durch die Angabe „§ 13 Abs. 2 Satz 3 EStG” ersetzt. |
b) | Im dritten Abs. wird die Angabe „§ 33a Abs. 2 Satz 6” durch die Angabe „§ 33a Abs. 2 Satz 5” ersetzt. |
c) | Im vierten Abs. wird die Angabe „§ 5a Abs. 3, § 36b Abs. 4, § 46 Abs. 2 Nr. 8, § 50 Abs. 5 Nr. 3 Satz 4” durch die Angabe „§ 5a Abs. 3 EStG” ersetzt. |
23. In Nr. 6 der Regelung zu § 177 werden die Worte „vgl. zu § 165, Nr. 6” durch die Worte „vgl. zu § 165, Nr. 9” ersetzt.
24. Die Regelung zu § 191 wird wie folgt gefasst:
„AEAO zu § 191 – Haftungsbescheide, Duldungsbescheide:
1. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Erlass eines Haftungs- oder Duldungsbescheides ergeben sich aus den §§ 69 bis 77, den Einzelsteuergesetzen oder den zivilrechtlichen Vorschriften (z. B. §§ 25, 128 HGB). §§ 93, 227 Abs. 2 InsO schließen eine Haftungsinanspruchnahme nach §§ 69 ff. nicht aus (BFH-Urteil vom 2. 11. 2001 – VII B 155/01 – BStBl 2002 II, S. 73^18). Der Gesellschafter einer Außen-GbR haftet für Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, hinsichtlich deren die GbR Schuldnerin ist, in entsprechender Anwendung des § 128 HGB (vgl. BGH-Urteil vom 29. 1. 2001, NJW S. 1056); dies gilt auch für Ansprüche, die bei seinem Eintritt in die GbR bereits bestanden (entsprechende Anwendung des § 130 HGB; BGH-Urteil vom 7. 4. 2003, NJW 2003 S. 1803). Nach Ausscheiden haftet der Gesellschafter für die Altschulden in analoger Anwendung des § 160 HGB. Bei Auflösung der Gesellschaft ist § 159 HGB entsprechend anzuwenden (vgl. § 736 Abs. 2 BGB; BFH-Urteil vom 26. 8. 1997 – VII R 63/97 – BStBl II, S. 745^19). Für Gesellschafter aller Formen der Außen-GbR, die vor dem 1. 7. 2003 in die Gesellschaft eingetreten sind, kommt aus Gründen des allgemeinen Vertrauensschutzes eine Haftung nur für solche Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis in Betracht, die nach ihrem Eintritt in die Gesellschaft entstanden sind. Zum Erlass von Haftungsbescheiden in Spaltungsfällen vgl. zu § 122, Nr. 2.15.
2. Die Befugnis zum Erlass eines Haftungs- oder Duldungsbescheides besteht auch, soweit die Haftung und Duldung sich auf steuerliche Nebenleistungen erstreckt.
3. Auf den (erstmaligen) Erlass eines Haftungsbescheides sind die Vorschriften über die Festsetzungsfrist (§§ 169 – 171) entsprechend anzuwenden. Eine Korrektur zugunsten des Haftungsschuldners kann dagegen auch noch nach Ablauf der Festsetzungsfrist erfolgen (BFH-Urteil vom 12. 8. 1997 – VII R 107/96 – BStBl 1998 II, S. 131^20).
4. Für die Korrektur von Haftungsbescheiden gelten nicht die für Steuerbescheide maßgeblichen Korrekturvorschriften (§§ 172 ff.), sondern die allgemeinen Vorschriften über die Berichtigung, die Rücknahme und den Widerruf von Verwaltungsakten (§§ 129 – 131). Die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides richtet sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt seines Erlasses bzw. der entsprechenden Einspruchsentscheidung. Anders als bei der Änderung der Steuerfestsetzung (BFH-Urteil vom 12. 8. 1997 – VII R 107/96 – BStBl 1998 II, S. 131^21) berühren Minderungen der dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Steuerschuld durch Zahlungen des Steuerschuldners nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides nicht. Ein rechtmäßiger Haftungsbescheid ist aber zugunsten des Haftungsschuldners zu widerrufen, soweit die ihm zugrunde liegende Steuerschuld später gemindert worden ist.
5. Von der Korrektur eines Haftungsbescheides ist der Erlass eines ergänzenden Haftungsbescheides zu unterscheiden.
5.1 Für die Zulässigkeit eines neben einem bereits bestehenden Haftungsbescheid gegenüber einem bestimmten Haftungsschuldner tretenden weiteren Haftungsbescheids ist grundsätzlich entscheidend, ob dieser den gleichen Gegenstand regelt wie der bereits ergangene Haftungsbescheid oder ob die Haftungsinanspruchnahme für verschiedene Sachverhalte oder zu verschiedenen Zeiten entstandene Haftungstatbestände erfolgen soll.
Stets zulässig ist es, wegen eines eigenständigen Steueranspruchs (betreffend einen anderen Besteuerungszeitraum oder eine andere Steuerart) einen weiteren Haftungsbescheid zu erlassen, selbst wenn der Steueranspruch bereits im Zeitpunkt der ersten Inanspruchnahme durch Haftungsbescheid entstanden war.
5.2 Die „Sperrwirkung” eines bestandskräftigen Haftungsbescheids gegenüber einer erneuten Inanspruchnahme des Haftungsschuldners besteht nur, soweit es um ein und denselben Sachverhalt geht; sie ist in diesem Sinne nicht zeitraum-, sondern sachverhaltsbezogen (BFH-Beschluss vom 7. 4. 2005 – I B 140/04 – BStBl 2006 II, S. 530^22). Der Erlass eines ergänzenden Haftungsbescheids für denselben Sachverhalt ist unzulässig, wenn die zu niedrige Inanspruchnahme auf einer rechtsirrtümlichen Beurteilung des Sachverhalts oder auf einer fehlerhaften Ermessensentscheidung beruhte (vgl. BFH-Urteil vom 25. 5. 2004 – VII R 29/02 – BStBl 2005 II, S. 3^23).
Der Erlass eines ergänzenden Haftungsbescheids ist aber zulässig, wenn die Erhöhung der Steuerschuld auf neuen Tatsachen beruht, die das Finanzamt mangels Kenntnis im ersten Haftungsbescheid nicht berücksichtigen konnte (BFH-Urteil vom 15. 2. 2011 – VII R 66/10 – BStBl II, S. 534^24).
6. Für Duldungsbescheide gelten die Nrn. 3 bis 5 entsprechend. Die Inanspruchnahme des Duldungspflichtigen wird durch § 191 Abs. 3 zeitlich weder begrenzt noch ausgedehnt.
7. Zur Zahlungsaufforderung bei Haftungsbescheiden vgl. zu § 219.
8. In den Fällen des § 191 Abs. 2 soll die Frist für die Abgabe einer Stellungnahme der zuständigen Berufskammer im Allgemeinen zwei Monate betragen. Die Stellungnahme kann in dringenden Fällen auch fernmündlich eingeholt werden. Eine versehentlich unterlassene Anhörung kann nachgeholt werden. Wird innerhalb der von der Finanzbehörde zu setzenden Frist keine Stellungnahme abgegeben, kann gleichwohl ein Haftungsbescheid ergehen.
9. Ein erstmaliger Haftungsbescheid kann wegen Akzessorietät der Haftungsschuld zur Steuerschuld grundsätzlich nicht mehr ergehen, wenn der zugrunde liegende Steueranspruch wegen Festsetzungsverjährung gegenüber dem Steuerschuldner nicht mehr festgesetzt werden darf oder wenn der gegenüber dem Steuerschuldner festgesetzte Steueranspruch durch Zahlungsverjährung oder Erlass erloschen ist (§ 191 Abs. 5 Satz 1). Maßgeblich ist dabei der Steueranspruch, auf den sich die Haftung konkret bezieht. Daher ist bei der Haftung eines Arbeitgebers für zu Unrecht nicht angemeldete und abgeführte Lohnsteuer (§ 42d EStG) auf die vom Arbeitnehmer nach § 38 Abs. 2 EStG geschuldete Lohnsteuer und nicht auf die Einkommensteuer des Arbeitnehmers (§ 25 EStG) abzustellen. Dabei ist für die Berechnung der die Lohnsteuer betreffenden Festsetzungsfrist die Lohnsteuer-Anmeldung des Arbeitgebers und nicht die Einkommensteuererklärung der betroffenen Arbeitnehmer maßgebend (vgl. BFH-Urteil vom 6. 3. 2008 – VI R 5/05 – BStBl II, S. 597^25). Bei der Berechnung der für die Lohnsteuer maßgebenden Festsetzungsfrist sind Anlauf- und Ablaufhemmungen nach §§ 170, 171 zu berücksichtigen, soweit sie gegenüber dem Arbeitgeber wirken.”
25. Die Regelung zu § 233a wird wie folgt geändert:
a) Nr. 2 wird wie folgt gefasst:
„2. Die Verzinsung nach § 233a ist beschränkt auf die Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- und Gewerbesteuer (§ 233a Abs. 1 Satz 1). Zu verzinsen ist auch der Steuervergütungsanspruch nach § 18Abs. 9 UStG i. V. m. §§ 59 ff. UStDV (BFH-Urteil vom 17. 4. 2008 – V R 41/06 – BStBl 2009 II, S. 2^26); zur Zinsberechnung vgl. auch Nr. 62. Von der Verzinsung ausgenommen sind die übrigen Steuern und Abgaben sowie Steuervorauszahlungen und Steuerabzugsbeträge (§ 233a Abs. 1 Satz 2); vgl. auch BFH-Beschluss vom 18. 9. 2007 – I R 15/05 – BStBl 2008 II, S. 332^27, und BVerfG-Beschluss vom 3. 9. 2009 – 1 BvR 1098/08 – BFH/NV, S. 2115^28. Auch bei der Nachforderung von Abzugsteuern gegenüber dem Arbeitnehmer (vgl. BFH-Urteil vom 17. 11. 2010 – I R 68/10 – BFH/NV 2011, S. 737^29), der Festsetzung der vom Arbeitgeber übernommenen Lohnsteuer sowie der Festsetzung der Umsatzsteuer im Abzugsverfahren erfolgt keine Verzinsung nach § 233a. Kirchensteuern werden nur verzinst, soweit die Landeskirchensteuergesetze dies vorsehen. Als Einfuhrabgabe unterliegt die Einfuhrumsatzsteuer den sinngemäß geltenden Vorschriften für Zölle, weshalb ein sich bei der Festsetzung von Einfuhrumsatzsteuer ergebender Unterschiedsbetrag nicht nach § 233a zu verzinsen ist (BFH-Urteil vom 23. 9. 2009 – VII R 44/08 – BStBl 2010 II, S. 334^30). Der AO lässt sich im Übrigen kein allgemeiner Grundsatz des Inhalts entnehmen, dass Ansprüche des Steuerpflichtigen aus dem Steuerschuldverhältnis auch ohne einzelgesetzliche Grundlage stets zu verzinsen sind (vgl. BFH-Urteil vom 16. 12. 2009 – I R 48/09 – BFH/NV 2010, S. 827^31).”
b) Nrn. 8 und 9 werden wie folgt gefasst:
„8. Für die Einkommen- und Körperschaftsteuer beträgt die Karenzzeit 23 Monate (bei Steuern, die vor dem 1. 1. 2010 entstehen, 21 Monate; vgl. Art. 97 § 15 Abs. 11 EGAO), wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung für das jeweilige Jahr überwiegen (§ 233a Abs. 2 Satz 2); vgl. dazu auch das BFH-Urteil vom 13. 7. 2006 – IV R 5/05 – BStBl II, S. 881^32. Unter dieser Voraussetzung beginnt der Zinslauf für die Einkommen- und Körperschaftsteuer 2010 daher nicht bereits am 1. 4. 2012, sondern am 1. 12. 2012. Eine über die Karenzzeit hinaus gewährte Frist zur Abgabe der Steuererklärung ist für die Verzinsung unbeachtlich.
9. Stellt sich später heraus, dass die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft die anderen Einkünfte nicht überwiegen, bleibt es gleichwohl bei der Karenzzeit von 23 Monaten. Umgekehrt bleibt es bei der Karenzzeit von 15 Monaten, wenn sich später herausstellt, dass entgegen den Verhältnissen bei der erstmaligen Steuerfestsetzung die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft die übrigen Einkünfte überwiegen. Sind die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft negativ, überwiegen die anderen Einkünfte, wenn diese positiv oder in geringerem Maße negativ sind.”
c) In den Beispielen 14 und 15 der Nr. 70.1.2 wird die Angabe „Beginn des fiktiven Zinslaufs 26. 4. 2006” jeweils durch die Angabe „Beginn des fiktiven Zinslaufs 27. 4. 2006” ersetzt.
d) Nr. 74 wird wie folgt gefasst:
„74. § 233a Abs. 2a ist auch dann anzuwenden, wenn das rückwirkende Ereignis in einem für den Steuerbescheid verbindlichen Grundlagenbescheid berücksichtigt wurde. Im Grundlagenbescheid sind deshalb auch entsprechende Feststellungen über die Auswirkungen eines erstmals berücksichtigten rückwirkenden Ereignisses auf die festgestellten Besteuerungsgrundlagen und den Zeitpunkt des Eintritts des rückwirkenden Ereignisses zu treffen (vgl. BFH-Urteil vom 19. 3. 2009 – IV R 20/08 – BStBl 2010 II, S. 528^33). Gleiches gilt, wenn ein bereits bei der vorangegangen Feststellung berücksichtigtes rückwirkendes Ereignis unmittelbar Änderungen erfährt und der Feststellungsbescheid deshalb geändert wird. Wird ein Feststellungsbescheid dagegen aus anderen Gründen (z. B. zur Berücksichtigung neuer Tatsachen i. S. d. § 173) geändert, sind auch dann keine Feststellungen zum früher bereits berücksichtigten rückwirkenden Ereignis zu treffen, wenn sich die steuerlichen Auswirkungen dieses rückwirkenden Ereignisses aufgrund der erstmaligen oder abweichenden Berücksichtigung normal zu verzinsender Besteuerungsgrundlagen rechnerisch verändert.
Dies gilt im Verhältnis zwischen Gewerbesteuermessbescheid und Gewerbesteuerbescheid sowie in den Fällen des § 35b GewStG entsprechend.”
26. Nr. 2 der Regelung zu § 241 bis 248 wird wie folgt gefasst:
„2. Die für die Bundesfinanzverwaltung bekannt gegebenen Bestimmungen über Formen der Sicherheitsleistung im Bereich der von der Zollverwaltung verwalteten Steuern und Abgaben – SiLDV – (Vorschriftensammlung Bundesfinanzverwaltung E – VSF – Kennungen S 1450 und Z 0915) sind – soweit sie Formen der Sicherheitsleistung in Verbrauchsteuerverfahren betreffen – für den Bereich der Besitz- und Verkehrsteuern entsprechend anzuwenden.”