BMF-Schreiben v. 15.10.2001, IV B 7 – S 7100 – 220/01:

Umsatzsteuerliche Behandlung der Nutzungsüberlassung von Sportstätten…

… Anwendung des BFH-Urteils vom 31.05.2001, V R 97/98

Bundesministerium der Finanzen
IV B 7 – S 7100 – 220/01
Schreiben vom 15.10.2001

UStG § 15a,
AO § 176 Abs. 1 Nr. 3

Hinweise zu den Auswirkungen zum Urteil des BFH vom 31.5.2001, V R 97/98 (BStBl 2001 II S. 658) zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Nutzungsüberlassung von Sportstätten

Urteil des BFH

Mit Urteil vom 31.5.2001, V R 97/98 (BStBl 2001 II S. 658) hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung, wonach die Vermietung von Sportanlagen aufzuteilen ist in eine steuerfreie Grundstücksvermietung und eine steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen, aufgegeben und insbesondere unter Hinweis auf die neueste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine einheitliche steuerpflichtige Leistung angenommen.

Das Urteil wurde von einem Angehörigen der Branche erstritten. Nach Veröffentlichung im Bundessteuerblatt Teil II ist das Urteil allgemein zu beachten; Abschnitt 86 der Umsatzsteuerrichtlinien (UStR) ist insoweit nicht mehr anwendbar.

Umsatzsteuerrechtliche Auswirkungen

1. Künftige Behandlung

Das Urteil bedeutet, dass die Vermietung von Sportanlagen als einheitliche Leistung dem allgemeinen Steuersatz unterliegt (16 %). Dementsprechend kann für Vorbezüge (Lieferungen und sonstige Leistungen) der Vorsteuerabzug voll in Anspruch genommen werden.

2. Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG

Nach § 15a Umsatzsteuergesetz (UStG) ist zugunsten des Unternehmers, soweit dessen Eingangsumsätze nach der alten Rechtsprechung durch bestandskräftige Steuerbescheide vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen waren, noch eine Berichtigung des Abzuges der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen (nachträgliches teilweises Vorsteuerabzugsrecht).

Der nach § 15a UStG maßgebliche Berichtigungszeitraum beträgt bei Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile 10 Jahre. Für jedes Jahr der Änderung innerhalb des Berichtigungszeitraums ist der ursprünglich nicht gewährte Vorsteuerabzug mit einem Zehntel nachzuholen.

Beispiel:

Investitionen in eine Sportanlage im Jahre 01, erstmalige Verwendung für unternehmerische Zwecke im Januar 02. Insgesamt fielen Vorsteuerbeträge in Höhe von 100.000 Euro an. Davon entfielen auf die steuerfreie Grundstücksvermietung 60.000 Euro (insoweit kein Vorsteuerabzug) und auf die Überlassung von Betriebsvorrichtungen 40.000 Euro (Vorsteuerabzug möglich). Nach Änderung der Rechtsprechung im Januar 08 (nunmehr voller Vorsteuerabzug möglich) ist hinsichtlich der Vorsteuern auf die Investitionen im Beispielsfall wie folgt zu verfahren: Im Berichtigungszeitraum (02 – 11) muss ab Eintritt der Änderung (08) für jedes Jahr der Änderung der Vorsteuerabzug in Höhe eines Zehntels von 60.000 Euro nachgeholt werden, für die Jahre 08 – 11 also insgesamt 24.000 Euro.

Verfahrensrechtliche Auswirkungen

1. Noch nicht bestandskräftige Fälle: Berufungsmöglichkeit des Unternehmers

Soweit für Veranlagungszeiträume vor Änderung der Rechtsprechung Steuerbescheide vorliegen, die noch nicht bestandskräftig sind, kann der Unternehmer die neue Rechtsprechung für diese Steuerbescheide zu seinen Gunsten in Anspruch nehmen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass nach der neuen Rechtsprechung für die fraglichen Veranlagungszeiträume dann auch seine als einheitliche Leistung zu bewertenden Umsätze voll dem allgemeinen Steuersatz (16 %) unterworfen werden.

2. Vertrauensschutz

Nach § 176 Abgabenordnung (AO) haben die Unternehmer einen ausreichenden gesetzlichen Vertrauensschutz bei der Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden, dies gilt bei allen Änderungen nach §§ 164, 165 oder 172 ff. AO. Danach darf nicht zuungunsten des Unternehmers berücksichtigt werden, dass sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofes des Bundes geändert hat, die bei der bisherigen Steuerfestsetzung von der Finanzbehörde angewandt worden ist ( § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO).

Soweit eine Steuerfestsetzung für einen abgelaufenen Veranlagungszeitraum noch nicht vorliegt, kann sich der Unternehmer darauf berufen, dass in Abschnitt 86 Umsatzsteuerrichtlinien die bisherige Aufteilung der Vermietungsumsätze in eine steuerfreie Grundstücksvermietung und eine steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des BFH auch von der Finanzverwaltung als verbindlich angesehen wurde.

3. Persönliche Billigkeitsmaßnahmen

Sollte die neue Rechtsprechung ausnahmsweise dazu führen, dass die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre, kommen persönliche Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163, 227 AO durch das zuständige FA in Betracht.

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