OFD Münster, Verfügung vom 18.8.2010 – S 2706 – 73 – St 13 – 33
Auswirkungen einer Vermögensanlage in einem BgA auf die Steuerbefreiung des § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG
Umfang der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG
(OFD Münster, Vfg. vom 18.8.2010 – S 2706 – 73 – St 13 – 33)
Juristische Personen des öffentlichen Rechts begründen mit ihren Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen unter den Voraussetzungen des § 4 KStG einen BgA. Die in einer solchen Einrichtung auch oder ausschließlich betriebene Auftragsforschung ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG steuerbefreit. Keine Auftragsforschung liegt vor, soweit die Tatbestände des 2. Hs. der Norm erfüllt sind. Bei der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG handelt es sich um eine rein tätigkeitsbezogene Steuerbefreiung. Dies hat zur Folge, dass nicht der BgA “Auftragsforschung” insgesamt steuerbefreit ist, sondern nur die Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Auftragsforschung. Infolgedessen fällt dieser BgA stets in den Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG, da die Vorschrift nur dann nicht greift, wenn der BgA selbst steuerbefreit ist. Nach dem Sinn und Zweck der Norm ist es jedoch vertretbar, die Vorschrift auf den steuerfreien Teil des BgA nicht anzuwenden.
Es stellt sich die Frage,
a. ob aus der (kurzfristigen) Anlage von Drittmitteln erzielte Erträge (Zinsen) als Teil der steuerbefreiten Auftragsforschung anzusehen sind und demzufolge unter die Steuerbefreiungsvorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG
fallen und
b. ob aus der langfristigen Vermögensanlage thesaurierter Gewinne aus der Auftragsforschungstätigkeit erzielte Erträge
gem. § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG steuerfrei sind und welche Auswirkungen sich auf die Besteuerung gem. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG ergeben.
zu a) Erträge aus der Anlage von Drittmitteln
Soweit Drittmittel für eine Übergangszeit verzinslich angelegt und auch die Erträge für die Auftragsforschung verwendet werden, sind dies – von der Befreiungsvorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG gedeckte – unschädliche Hilfsgeschäfte, die keinen eigenen Besteuerungstatbestand auslösen. Die Erträge gehören zu dem Gewinn aus der steuerbefreiten Auftragsforschung. Wird dieser Gewinn in den hoheitlichen Bereich der jPdöR überführt, ist der Steuertatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG nicht einschlägig.
zu b) Erträge aus der Thesaurierung von Gewinnen aus der Auftragsforschung
Soweit die jPdöR die Gewinne aus der Auftragsforschung im BgA thesauriert, ist entsprechend den Regelungen in Rdn. 23 des BMF-Schreibens vom 11. 9. 2002 (BStBl. I 2002 S. 935) i. d. F. des BMF-Schreibens vom 8. 8. 2005 (BStBl. I 2005 S. 831) zwischen einer steuerlich zulässigen und unzulässigen Rücklagenbildung zu unterscheiden. Nur wenn die Mittel für bestimmte (hier Auftragsforschungs-) Vorhaben angesammelt werden, für deren Durchführung entweder bereits konkrete Zeitvorstellungen bestehen oder deren Durchführung glaubhaft und finanziell in einem angemessenen Zeitraum möglich ist, liegt eine steuerlich zulässige Rücklagenbildung vor.
Alternative 1: Zulässige Rücklagenbildung
Die (Kapital-) Erträge aus der Vermögensanlage der thesaurierten Gewinne sind zwar kein Ausfluss einer konkreten Auftragsforschungstätigkeit, dennoch auf Ebene des BgA steuerfrei nach § 5 Abs. 1 Nr. 23 KStG. Eine Überführung der (Kapital-) Erträge aus der Vermögensanlage der thesaurierten Gewinne in den Hoheitsbereich der jPdöR unterliegt nicht der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG.
Alternative 2: Keine zulässige Rücklagenbildung
Die Thesaurierung der Gewinne aus der Auftragsforschungstätigkeit kann auch nicht mittelbar als begünstigte Auftragsforschungstätigkeit angesehen werden. Mangels zulässiger Rücklagenbildung gelten die Gewinne aus der Auftragsforschung als in den hoheitlichen Bereich überführt und umgehend durch die Trägerkörperschaft wieder eingelegt. Diese fiktive Ausschüttung unterliegt nicht der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG, da diese Vorschrift auf den steuerfreien Teil des BgA (= Gewinne aus der Auftragsforschungstätigkeit) nicht anwendbar ist. Hingegen sind die (Kapital-) Erträge aus der Anlage dieser steuerlich unzulässig thesaurierten Gewinne auf Ebene des BgA steuerpflichtig und unterfallen auf Ebene der jPdöR der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG.